Cabaret

Cabaret

  • Genre
  • Bühne Schauspielbühne
  • Premiere27. Februar 2003
  • Vorstellungsdauer3:05 hod.
  • Anzahl der Wiederaufführungen59
  • Derniére26. November 2005

Musical

Das Musical Cabaret ist im Unterschied zu den Vorlagen (der Librettist Joe Masteroff ging von den autobiographischen Erzählungen des angloamerikanischen Schriftstellers Christopher Isherwood und vom Schauspiel I am a Camera des amerikanischen Dramatikers John van Druten aus) vor allem dadurch interessant, dass es zwei Ebenen konfrontiert: eine reale Ebene, welche die Berlinererlebnisse des Schriftstellers Clifford Bradshaw, insbesondere seinen Liebesroman mit der Kabarettsängerin Sally Bowles schildert, und eine übertriebene Ebene des Kabaretts, welche unter dem Deckmantel der Unterhaltung auch sehr genaue Schilderung der Menschenschicksale, Gefühle und Leidenschaften enthält. Das Kabarett ist eine Stelle, wo sich die Menschen unterhalten, gleichzeitig ist es jedoch die Metapher für die Welt, in der die Clownkunst und Absurdität zu einem grundlegenden Lebensgefühl wurden. Die Dringlichkeit des Kabaretts findet seinen Nährboden insbesondere in der Gegenwart, welche viele gefährlichen Gedanken und Taten ohne Beachtung lässt, ohne zuzugeben, dass diese Anfang ihres Endes sein können.

Also – willkommen im Kabarett!

Autor

  • John Kander
  • Fred Ebb
  • Joe Masteroff

Regie

  • Pavel Fieber j.h.

Dramaturg

Bühne

  • Christian Floeren j.h.

Dirigent

  • Karel Cón j.h.

Choreographie

  • Vladimír Kloubek j.h.

Regieassistenten

  • Hartmut Krug j.h.
  • Tomáš Kočko j.h.

Hilfsregie

  • Lars Clening j.h.

Clifford Bradshaw

Slečna Schneiderová

Herr Schultz

Rosie

Lulu

Frenchie

Dixie

Nataša

Helga

Cabaret zeigt das Kräfteverhältnis

Jiří P. Kříž 12. April 2003 zdroj Právo

Ich habe drei der vier Premieren von Cabaret gesehen. Deshalb interessiert mich eher das Potential des Theaters, das in der Lage ist, manche Rollen sogar mit vier Schauspielern zu besetzen, sowie weiter die Frage, wie sich der eindeutige Publikumserfolg des Stadttheaters, der besonders positive Anklang seiner Inszenierungen im Ausland, und somit die unbestritten professionelle Spitzenleistung auf die sogenannte Theatergemeinde auswirkt. In der Flut der tschechischen Liedermacher (man nehme einen medienbekannten Popstar und tauche dieses schauspielerisch und tänzerisch plumpe Geschöpf in eine tausendmal aufgekochte Musikbrühe der Siebziger und Achtziger) können nur zwei Bühnen auf die Qualität der Schauspielkunst der Musicalbühne verweisen: Musiktheater Karlín und gerade das Stadttheater Brno. Dem ersteren wurde gerade auf dem Höhepunkt seines Erfolgs vom Prager Stadtmagistrat der Boden unter den Füßen weggezogen, der zweite wird in Brünn von einem erstaunlich großzügigen Bau eines neuen Musiktheaters repräsentiert. Cabaret ist eine reine Bestätigung dessen, dass der Vertrauensvorschuss, den das Theater mit dem Direktor Stanislav Moša an der Spitze für die Verwirklichung eines derartigen Projektes bekommen hat, gerechtfertigt war. Jitka Čvančarová, Markéta Sedláčková, Helena Dvořáková, Radka Coufalová haben hart an der Rolle der Sally gearbeitet, um sie dann im Musical mit einer scheinbar ungeheueren Leichtigkeit, nur mit einem unterschiedlichen Naturell darzustellen. Dasselbe trifft auch auf Jana Musilova, Ivana Vaňková, Pavla Ptáčková (als Fritzie Kost) zu. Es gibt in Tschechien heutzutage keine besseren Musicalschauspielerinnen! Dito gilt auch für die Schauspieler Igor Ondříček, Stano Slovák, Ján Jackuliak (Conferencier), Petr Gazdík, Petr Štěpán (Clifford Bradshaw), Viktor Skála, Tomáš Sagher, Alan Novotný (Ernst Ludwig) und für das Mädchenensemble Kit Kat Girls, in dem vor allem Majerová, Tománková, Králová, Holišová, Ďurďová, Kyselová... exzellieren. Und was ist mit den „Alten“, ohne die es kein Musical mehr geben kann?! Herfortová, Kolářová, Kolář, Janský! Die japanischen Erfolge von Karlín und europäischen Brünns sind echt. Die Brünner Zuschauer, vor allem die jüngeren, sind ja längst nicht mehr dumm.

Wenn an der Theaterkassa für lange Zeit ausverkauft ist...

Tomáš Hejzlar 8. April 2003 zdroj Haló noviny

An der neuen Brünner Einstudierung mit dem erfahrenen deutschen Opern-, Schauspiel- und Musicalregisseur Pavel Fieber ist nicht nur das Gespür für das Fortsetzen der Traditionen, sondern auch für ihre einfühlsame und feinfühlige Modernisierung erkennbar. Der zweiundsechzigjährige Fieber fasst den Titel mit der ihm eigenen Übersicht eher auf die amerikanische äußerlich-laute Art mit der europäischen Eleganz auf, um dann um so mehr, mit einer stellenweise fröstelnden Rohheit, das schwere Schicksal derer auszumalen, die Hitlers Ideologie nicht nachgaben und selbst in der Zeit der allgegenwärtigen, intensiven ideologischen Propaganda den inneren Abstand bewahrt haben, die sich selbst und ihren Lebensgrundsätzen treu geblieben sind. Dieser zentrale Gedanke kam in den früheren Inszenierungen nicht so ausdrucksstark zur Geltung. Das Stadttheater Brno hat dem Regisseur Bedingungen angeboten, die ihm die freie Entfaltung seines schöpferischen Stils ermöglichten.

„Das hiesige Theatermilieu schafft optimale Bedingungen für eine allseitige Betrachtung dieser Thematik. Denn es wirkt hier ein Ensemble, das ausgeglichen und künstlerisch gestimmt, feinfühlig und intuitiv, vollkommen zusammengeschweißt, vom Ausdruck her kompakt ist, zugleich jedoch ausgeprägte Persönlichkeiten für die Besetzung der Hauptrollen aufweist,“ huldigte dem Ensemble des Stadttheaters Brno der Regisseur der Inszenierung Pavel Fieber.

Sicher würde mancher Zuschauer, wenn er die Möglichkeit hätte, den Darsteller des Conferenciers (und zugleich auch des Zöllners) zu wählen, offensichtlich Stano Slovák wegen seiner allgemeinen Beliebtheit den Vorzug geben. Jedoch auch Igor Ondříček, bzw. der noch weniger bekannte Ján Jackuliak beherrschen, mit persönlichem Enthusiasmus sowie dank der erkennbaren Mitwirkung des Regisseurs, ihre Parts so, dass ihre Leistung der Gesamtkonzeption entspricht. Die Darstellerinnen der Kabarettsängerin Sally Bowles Radka Coufalová bzw. Jitka Čvančarová zählen in der Musicalwelt bereits zu solchen Persönlichkeiten, dass die Anführung ihrer Namen zu einem überaus starken Magneten wird. Doch Vorsicht: Auch die bis jetzt noch weniger bekannte Helena Dvořáková kann mit ihrer verheimlichten Koketterie das Ambiente des Kabarettmilieus perfekt vermitteln... Wenn wir ihr noch den Chansongesang mit der eigenen Note einer persönlich gefärbten Stimme mit sattklingenden Tiefen, jedoch mit aufgelockerten Höhen zugute halten, könnte sie sogar für den Prototypen dieser Gestalt gelten.

Mit lobenden Worten, die jedoch keineswegs als übertriebene Komplimente an die Mitwirkenden gedacht sind, möchte ich noch wenigstens zwei Namen erwähnen: Das überzeugende, nicht überflüssig überladene, jedoch multifunktionale Bühnenbild wurde einfallsreich von Christian Floerren entworfen. Damit sich der Zuschauer einmal wie in einem echten Kabarett, dann wiederum wie im bescheiden eingerichteten, kleinen Zimmer eines einfachen deutschen Bürgers der Dreißigerjahre vorkommt, dafür sorgte mit ihren Kostümentwürfen die gut bekannte und wirklich erfahrene Andrea Kučerová Herr Prinzipal Stanislav Moša hat somit allen Grund, zufrieden zu sein: Die Karten an der Vorverkaufskasse sind angeblich auf Monate hinaus ausverkauft. Allem Anschein nach ist dieser Umstand von einer längeren Dauer.

Premiere mit Fortsetzung

Jaroslav Pokorný 7. April 2003 zdroj Scena cz

Brünner Zuwachs in die Familie der Musicals

Willkommen, bienvenue, welcome!

Ich werde Sie gerne bei uns begrüßen

In Brünn herrscht wieder Stimmung und gute Laune. Zuschauermengen strömen in das Stadttheater. „Die Bartänzerinnen sind schön, das Orchester ist toll, die Tingeltangel-Sängerinnen sind auch schön, sehr schön,“ hört man in einem fort.

Plötzlich betritt unser heutiger Begleiter, Conferencier Stano Slovák (Igor Ondříček oder Ján Jackuliak) die Bühne und begrüßt alle herzlich im Cabaret, freilich im Cabaret von John Kander, Fred Ebb und Joe Masteroff, dessen Direktor diesmal der deutsche Regisseur Pavel Fieber ist. Eine Unterhaltung im vollen Gange, dennoch wirkt alles irgendwie beklemmend und spannungsgeladen.

Einige Estradennummern und schon passiert es. Unser bisher liebenswürdiger und witziger Gesellschafter verwandelt sich in eine falsche, hinterhältige Schlange, die eine großartige, tödliche Schachpartie der menschlichen Schicksale zu spielen beginnt. Zwischenmenschliche Beziehungen, Karrierestreben, Intrigenspiel, Feigheit und Angst, aber auch Liebe, Sehnsucht, und die unerbittliche Maschinerie der fanatisierten Masse, die uns alle in ihrer Gewalt hat. Diese schwere Last verleiht dem leicht possenhaften Spiel, weitere, beinahe philosophische Dimensionen, denn diese Last wird, immer wieder, von neuem aktuell. Gerade der Einfluss und das Wirken der Masse steht beim Gastregisseur an erster Stelle. Dadurch zerfällt die Vorstellung in zwei unterschiedliche Teile. Während der erste Teil sehr uneinheitlich und diffus erscheint, bringt der zweite Teil einen ganzen Bund von Schlüsseln nicht nur zur Lösung der einzelnen Probleme, sondern auch für das Verständnis der Inszenierung als Gesamtheit. Erwähnenswert ist auch, mit welchem Überblick und mit welcher Grazie Pavel Fieber diese große Menge koordiniert hat.

Von den vielen Mitwirkenden seien erwähnt nicht nur der besonders stimmbegabte und bewegungstalentierte Stano Slovák, der seine Mimik, seine große Körperspannung und vor allem das Gefühl perfekt beherrscht, sodass er seiner Rolle eine ungemeine Veränderlichkeit und Authentizität verleiht, sondern auch das Duo: Der vom exzellenten Ladislav Kolář (alternierend mit Karel Janský) bravourös dargestellte Herr Schulz und Fräulein Schneider von Miroslava Kolářová (alternierend mit Zdena Herfortová). Ihr Auftritt ist ein ausgesprochenes schauspielerisches Galakonzert, in dem sich in völliger Glaubwürdigkeit die riesige menschliche Tragödie einer Beziehung widerspiegelt, deren Pech darin besteht, dass sie zur falschen Zeit am falschen Ort geknüpft wurde.

Das Brünner Cabaret ist ein gelungener Zuwachs in die Familie der Musicals, und gleichzeitig die Bestätigung der Tatsache, dass in Mähren mehr als gut gearbeitet wird!

Cabaret: Augenweide durch geschickte Regie

Kateřina Bartošová 21. März 2003 zdroj Lidové noviny

Stadttheater Brno setzt das berühmte amerikanische Musical in der Einstudierung von Pavel Fieber in Szene

Das Stadttheater Brno hat alle Voraussetzungen für eine erfolgreiche Einstudierung des Musicals des Autorentrios Kander, Ebb und Masteroff. Vor allem das Ensemble, das voller Schauspieler ist, die vom Gesang und von den Bewegungen her tüchtig sind und mit denen eine Inszenierung mit mehrfachen Alternanzen denkbar ist.

Unter der Regie des deutschen Gastregisseurs tschechischer Abstammung Pavel Fieber gelang eine musikalisch und schauspielerisch ausgewogene Inszenierung, welche die Spannweite von der Unterhaltung über das Bild der historischen Dekadenz bis hin zum tragischen Ausklang der von der Politik gezeichneten Beziehungen umfasst Seit der New Yorker Erstaufführung von Cabaret im Jahre 1966 entstanden unzählige Einstudierungen einschließlich der oscargekrönten Filmversion mit Michael York und Liza Minelli als Clifford und Sally. Auch hierzulande zählt das Stück zu den beliebten Titeln. Zurzeit wird zum Beispiel im Theater Divadlo Na Fidlovačce die Inszenierung von Deak aufgeführt. Die Brünner Einstudierung bietet den Zuschauern ausgezeichnete Gesangsleistungen und Tanznummern, bekannte Schlager sowie eine schauspielerisch attraktive Darbietung nicht nur der Hauptrollen, sondern der zahlreichen Nebenrollen in einem Stück, das in einem Berliner Kabarett der Dreißigerjahre, das eine Kulisse für den Aufstieg vom Nationalsozialismus in Deutschland bildet, situiert ist.

In einer der Besetzungen des zentralen Duos der Tänzerin Sally und des Schriftstellers Clifford tut sich Radka Coufalová als Sängerin hervor, während sich in der Parallelstory der durch den Lauf der Geschichte frühzeitig abgebrochenen Beziehung der älter werdenden Pensionsbesitzerin Fräulein Schneider und des Juden Schultze das Duo Zdena Herfortová und Karel Janský (alternierend mit Miroslava Kolářová und Josef Kolář) vorstellt. Zu ihren Vorzügen gehört eine präzise und einfühlsame Charakterisierung, zu den Höhepunkten zählen Schultzes Auftritt bei der Verlobung, eine durch Bravour bezaubernde Darbietung des Liedes Mieskeit und der anschließende Wendepunkt, bei dem Zdena Herfortová eine wirkungsvolle einschneidende Veränderung ihrer Gestalt von der befreienden Freude zur endgültigen Mut-, Kraft- und Hoffnungslosigkeit vollführt.

Ausgezeichnet ist auch die schmeichlerisch zwielichtige Figur des Conferenciers in der Darbietung von Ján Jackuliak (alternierend mit Igor Ondříček und Stano Slovák), der den schleimigen, aufdringlichen Unterhaltungsverkäufer darstellt, der die Menge sowohl an billigen Flitterglanz als auch an den fanatisierenden Gedanken der Überordnung einer bestimmten Rasse fesseln kann. Der gefährliche Manipulant und zugleich Tod in einer Person ist der Schlüssel zur Entwicklung der Inszenierung in fröstelnde Dimensionen, die über den Rahmen einer einfachen Lehrhaftigkeit, derer das Werk ansonsten voll ist, (geradlinige bildnerische Lösung für die Darstellung des Höhepunktes der Handlung durch das Niederlassen einer überdimensionalen Fahne mit Swastika u.ä.) hinausgehen.

Das Bühnenbild trifft den Aufbau des Stücks, worin sich alles vor dem Hintergrund einer fröhlich-ausgelassenen Atmosphäre, die mit der sich unabwendbar herannahenden Tragödie kontrastiert, abspielt. Das Grundbild voller Neonröhren und leuchtender Farben bleibt bestehen, nur durch Beleuchtung werden weitere bewegliche Szenen, fahrbare Kulissen der Inneneinrichtung eines Zimmers usw. herausgeholt.

Fiebers Inszenierung bemüht sich nicht um eine neuartige Auslegung, und lässt sich sogar von der Filmversion inspirieren, jedoch gelingt es ihr, alle Aspekte der Vorlage zu meistern und eine geschickt, präzis und meisterhaft aufgearbeitete Augenweide zu bringen.

Cabaret wird zum Leckerbissen für die Zuschauer

Luboš Mareček 4. März 2003 zdroj MF Dnes

Brünner Inszenierung des berühmten Musicals - unterhaltsam und kompromisslos appellierend zugleich.

Mit einer ungewöhnlich langen Serie von vier Premieren setzte das Stadttheater Brno von Donnerstag bis Sonntag die letzte Neuheit in Szene. Im berühmten Musical Cabaret alternieren in der Hauptrolle gleich vier Schauspielerinnen. Bei der ganzen Inszenierung wechseln sich dann an die sechzig Mitwirkenden – Schauspieler und „Zivilbeschäftigte“ des Theaters – ab. Wenn Sie noch das elf Mitglieder zählende, live spielende Orchester dazurechnen, ergibt sich dann daraus eine für die hiesigen Verhältnisse ziemlich bevölkerte Show. Jedoch ist das Produkt des deutschen Regisseurs Pavel Fieber bei weitem nicht größenwahnsinnig. Es geht um ein solid gemachtes, manchmal auch zu wörtlich genommenes Theater, das die Zuschauer mit einer Menge Schlager, einer außergewöhnlichen Geschichte und einer guten Musik in den Bann zieht.

Fiebers Inszenierung betont besonders effektvoll die tragikomische Doppelseitigkeit. Die blutige Geschichte spiegelt sich in der sorglosen Kabarettwelt wider, weshalb auch die Zimmer der Haupthelden als Schiebekulissen mitten in das Tingeltangel angefahren kommen. Deswegen kann sich der Conferencier selbst ohne weiteres in einen Nazi, in den brüllenden Hitler, sogar in den personifizierten Tod selbst verwandeln. Als ob die Verwandlungen des Conferenciers die manchmal fast übertriebenen Bemühungen des Regisseurs um den appellativen Ausklang des Abends überbetonen wollten. Vielleicht tut so eine lehrerhafte Einstellung der Regie in einer Zeit, wo viele der heranwachsenden Kinder nicht mehr wissen, wer Hitler war, der Sache gut.

Das Brünner Cabaret ist jedoch nicht bloß auf ein trocken-aufklärerisch langweilendes Theater reduziert. Es bietet exzellente Leistungen der Conferenciers Igor Ondříček und Ján Jackuliak, serviert die gesanglich souveränen Radka Coufalová und Helena Dvořáková als Sally Bowles. Zu den beständigen Vorzügen der Inszenierung zählen die meisten Gesangs- und Schauspielleistungen, die nicht alle namentlich erwähnt werden können. Das Publikum kann sich auf hochwertige Tanznummern des Choreografen Vladimír Kloubek freuen. Ein ausgesprochenes Schmankerl ist der perfekte Sound des elf Mitglieder zählenden Orchesters von Karel Cón. All dies freilich verpackt in der sexy Straps-Kostümierung von Andrea Kučerová. Wieder ein Publikumshit mehr im Repertoire des Stadttheaters Brno.

Pavel Fieber leistete als Regisseur von Cabaret handwerklich gute Arbeit

Simona Polcarová 4. März 2003 zdroj Rovnost

An die Aufführung des Musicals Cabaret der Autoren John Kander, Fred Ebb, Joe Masteroff auf der Bühne des Stadttheaters Brno knüpften sich viele Erwartungen. Nicht nur wegen des Titels selbst, sondern auch dank der Besetzung, in der vier Darstellerinnen der Sally Bowles sowie drei Conferenciers auftreten, und dank des Gastregisseurs Pavel Fieber aus Deutschland, der jedoch bei den Personalien als Geburtsort die mährische Stadt Jägerndorf (Krnov) anführt. Die Lebenslinie des amerikanischen Schriftstellers Cliff Bradshaw, der in den Dreißigerjahren des vergangenen Jahrhunderts nach Berlin kommt, um die dortige Atmosphäre in sich aufzusaugen und sich zu seinem künftigen Roman inspirieren zu lassen, kreuzt das Kabarettmilieu, wo neben den Kit Kat Girls auch die englische Sängerin Sally Bowles wirkt, die für Cliff zur Femme Fatale wird. In die ausgelassene Stimmung des seinerzeitigen, freidenkenden Berlins, in die Atmosphäre der Nachtklubs, aber auch in die Lebensschicksale der Helden beginnen sich, langsam aber sicher, die Gedanken des Nationalsozialismus einzuschleichen. Wie in der Vorlage gehen auch in der Vorstellung nach und nach die Unbeschwertheit, Unbekümmertheit und Ungebundenheit verloren und die komischen und unterhaltsamen Momente werden von beinahe tragischen Augenblicken abgelöst. Fieber hat ein Gespür für beide Lagen, die der Titel bietet: Zunächst gelingt es ihm, die Stimmung des hemdnackten und ausgelassenen Kabarettmilieus zu wecken, keinen Spaß zu verderben, um später, bei der Verlobung des Fräuleins Schneider und des jüdischen Obst- und Gemüsehändlers Herr Schultze, als die Gesellschaft Hitlers Theorie vom Übermenschen und von der unreinen Rasse zu erliegen beginnt, die Peripetie wirkungsvoll zu erfassen. Nicht nur Situationen, sondern auch Kabarettlieder und freilich, auch der allgegenwärtige und alles vorzeigende Conferencier, dienen als Medium der Änderung des politischen Klimas.

Fiebers Regie setzt auf Sicherheit, der Vorlage möglichst effektvoll und perfekt gerecht zu werden, was ihr auch gelingt. Als im Theater das Symbol der nazistischen Ideologie, das Lied „Volk, o Volk!“ erklingt, läuft es dem Publikum, trotz der lieblichen Töne, kalt über den Rücken. Das Hochheben des Arms zahlreicher Akteure zum Hitlergruß und das Tragen der Hakenkreuz-Armbinde lässt den Schrecken der Situation sowie des nur scheinbar lieblichen Liedes noch deutlicher herauskommen. Fieber sorgt gerade dann für spannungsgeladene Atmosphäre, als Fritzie Kost Kinder zu Schultze schickt, damit sie ihm abschätzige Judensprüche zurufen und Spottlieder singen. Dann nähert sich, eingehüllt in einer Kapuze mit Todesmaske, der Conferencier zu Schultze, um ihm, mit einem Violinbogen auf einem nackten Knochen, der die grauenhaften Archivbilder der Massengräber aufsteigen lässt, ein beklemmendes Lied zu spielen.

Die Botschaft der Unmenschlichkeit der nazistischen Schreckensherrschaft wird zwar von Fieber geehrt und in der Inszenierung gehörig zum Ausdruck gebracht, (indem es manchmal den Anschein hat, dass er die NS-Symbole übermäßig einsetzt), jedoch bemüht er sich weder um Aktualisierung noch (mit Ausnahme der Beförderung des Fräuleins Kost zu einem Spitzel) um die Beschreitung neuer Wege bei der Deutung. Er leistet handwerklich gute Arbeit, bietet glanzvolle Show mit zahlreichen maßgeschneiderten (von Vladimír Kloubek choreographierten) Tanznummern, die vom Äußeren her perfektes Bild und beinahe vollkommenen Sound bringt. (Miroslava Kolářová macht als Fräulein Schneider beim Gesang nicht gerade den sichersten Eindruck.) Erwähnenswert ist, dass das Libretto für die Vorstellung nochmals von Jiří Josek übersetzt wurde, sodass die Lieder in einer neuen, bisher ungewohnten Übersetzung erklingen. Für den Zuschauer am markantesten ist die neue Version vor allem im Falle des Titelkabaretts. Die eingeführte Überarbeitung „Nur Show und Kabarett ist die Welt, so spielen wir mit, wie uns gefällt “ tut, im Vergleich zu dem Obligaten „Vergießt eure Tränen nicht ins Bier, denn Kabarett ist das Leben hier,“ der Sache gewiss nicht schlecht und korrespondiert bestens mit der Vorstellung.

Von der Samstagspremiere verdienen eindeutig die Leistungen von Helena Dvořáková als Sally und Igor Ondříček als Conferencier Aufmerksamkeit. Dvořáková kann (vor allem in der ersten Hälfte) explosiv, impulsiv und leichtsinnig sein, zugleich jedoch den Schmerz ihrer Gestalt nachvollziehen und sogar den Liedern in den dramatischen Auftritten die entsprechende Gemütsverfassung einhauchen. Bravourös meistert sie alle Lagen der Sally, selbst ihr Gesangsausdruck hält Schritt, was sie zweifellos zu einer Schauspielerin mit besonderen Qualitäten macht. Beim Part des Conferencier hat der echt hervorragende Igor Ondříček seine Chance nicht vertan, indem er als unscheinbarer Chamäleon die gesamte Vorstellung begleitet. Aus seiner Position heraus kann er zwar das Geschehen auf der Bühne nicht direkt beeinflussen, er kann es jedoch in gewisser Weise lenken und dessen Charakter bestimmen. Beachtenswert ist auch die Schöpfung von Ivana Vaňková in der Rolle der Fritzie Kost, deren Liebenswürdigkeit, Zutraulichkeit und Bereitwilligkeit einer gefährlichen und grausamen Aggressivität weichen. Da Cabaret eine mehrfache Rollenbesetzung hat, ist es durchaus möglich, dass es viele schauspielerische Variationen bietet, die wir in einer der Glossen aufgreifen wollen.

Brünner Cabaret ist unterhaltsam und appellierend zugleich.

Markéta Havelková 1. Dezember -1 zdroj Divadla, seznam.cz

Es tut der Sache gut, daran zu erinnern, dass Cabaret seine tschechoslowakische Premiere im Jahre 1977 gerade in Brünn, im ehemaligen Staatstheater Brno (Gebäude des Theaters Redoute) hatte. Nach Brünn kehrt das Musical voller Hits in einer völlig neuen Aufmachung zurück. Nur des Interesses halber: Derzeit wird das Musical auf einer Prager und auf der Iglauer Bühne aufgeführt.

Der Regisseur der Inszenierung und gebürtige Jägerndorfer, nun Schauspieler, Theaterdirektor, Sänger und Regisseur in Deutschland in einer Person Pavel Fieber, setzte vor allem auf die faszinierende und einzigartige Gesichte sowie auf gute Musik. Auf der Bühne bringt die neue Einstudierung der Inszenierung nichts Umwerfendes. Es wird oft mit allzu großer Wörtlichkeit gearbeitet. Außerdem ist es nicht einfach, gegen die berühmte, in den Vorstellungen des Publikums fest verankerte Filmversion des Musicals anzukämpfen. Die Inszenierung selbst schafft gleich an mehreren Stellen Verknüpfungen zu dem Film.

Das Musical weist neben der Unterhaltung und Zerstreuung auf das gefährliche Spiel mit dem Nationalsozialismus und auf die immer noch brennende Frage des Antisemitismus hin. Die tragikomische Doppelbödigkeit wird in der Inszenierung durch das Bild des Cabarets vermittelt, das die Illusion einer sorglosen Welt vor dem Hintergrund der blutigen Geschichte erzeugt. Der appellierende Ausklang wird besonders stark durch die geschichtlich nicht belegte Gestalt des Conferenciers herausgestrichen. Der Vorführer und Begleiter durch das Geschehen verwandelt sich in einen Nazi, in den Hitler und sogar in den Tod. In der Schlussszene wirkt das mit Hakenkreuzen besäte Bühnenbild zumindest depressiv. Im Interesse der Belehrung der heranwachsenden Jugend oder der Erinnerung an die längst vergangenen Schrecken ist eine solche Haltung des Regisseurs jedoch von der Sache nicht schlecht.

Zu einer überdurchschnittlichen Inszenierung machen das Cabaret erst die exzellenten Leistungen in den Haupt- und Nebenrollen. (Die ausgezeichneten Ján Jackuliak und Igor Ondříček spielen alternierend den Conferencier.) Die meisten Leistungen zeugen in der Tat von einem hohen Niveau, wessen sich auch der Regisseur bewusst ist, der das Ensemble gerne zu einer Tournee in sein Heimattheater nach Deutschland einladen würde. Eine weitere Stärke besteht im ausgezeichneten Sound, der vom dem elf Mitglieder zählenden Orchester von Karel Cón, der ein häufiger Mitarbeiter des Theaters ist, stammt. Die, wie immer vortreffliche Kostümierung (diesmal in der sexy Straps-Ausführung) und die Choreografie sind an der vollblütigen Show mitbeteiligt.

Cabaret (im Stadttheater Brno)

1. Dezember -1 zdroj Světla ramp

„O Vaterland, Vaterland, zeig´ uns den Weg! Dein Ruhm soll der Wegweiser sein. Die Welt gehört uns und die Nacht vergeht - der morgige Tag ist mein! ..“ Jedes Mal, wenn ich dieses mächtige Lied höre, das auf der Bühne plötzlich die Kinder singen, um die anderen im bedrängten Deutschland der beginnenden Dreißigerjahre zur Tat mitzureißen, läuft es mir kalt über den Rücken. „O Vaterland, Vaterland, zeig´ uns den Weg!“ Wie ansteckend, wie überwältigend! Auf welch eine vollkommen aufdringliche Weise schaffte es Kander, in einem der politisch exponiertesten Musicals den größten Teil der Erfindungskraft einem so widerwärtigen Ereignis zu widmen, gegen welches das Cabaret polemisiert, wie es der Aufstieg des Nationalsozialismus ist! Nur keine Angst. Die hervorragende Brünner Inszenierung von Cabaret schwappt nicht über vor politischen Traktaten. Die Geschichte von Nutten aus dem Berliner Kit Kat Klub und einem naiven amerikanischen Schriftsteller in einer Stadt, in der es allmählich brodelt und antisemitische Exzesse an der Tagesordnung stehen, ergreift das Herz und das Zwerchfell. An die Adresse der Einstudierung im Stadttheater Brno muss gesagt werden, dass es nach der gezielten Destruktion des Musiktheaters Karlín seitens des Prager Magistrats das einzige wirklich professionelle Musicalensemble bei uns geblieben ist. Denn nur in Brünn können sie es sich leisten, die Solisten drei- bis vierfach zu besetzen, nur beim Park von Lužánky gibt es das zu sehen, was in der gleichen Qualität erst im Londoner West End oder auf der New Yorker Broadway bewundert werden kann, nämlich, dass ein Musical kein Liedkonzert ist, sondern ein hartes Brot, das aus Schauspiel-, Gesangs- und Tanzkunst besteht, und wo man sich über nichts hinwegsetzen kann. Europa (Deutschland, Österreich, Benelux-Union, Spanien), sie alle wissen es bereits von Mošas Theater. Tschechien noch nicht.

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