Die Katze, die den größten Teil für sich erraffte
Markéta Dolníčková 14. April 2009 zdroj Theaterzeitung
In der Inszenierung Die Katze auf dem heißen Blechdach sicherte sich der Regisseur Zdeněk Černín die Aufmerksamkeit des Damenpublikums gleich am Anfang, und zwar durch lange nudistische Szene in der Dusche. Während des langen Margrets Anfangsmonolog lässt er den nur in die Orthese gekleideten Lukáš Hejlík als Brick auf der leeren Szene mit Wasser lange zu benetzen. Maggie in der Darbietung von Hana Briešťanská hupft dann nur in Unterwäsche und Strumpfhaltergürtel um Brick herum und ganz durchgedacht und wollüstig bestürmt ihn.
Mit erotischer Reizbarkeit disponieren in dieser Inszenierung fast alle aus der Familie Pollit. Die Mutter in der Darbietung von Jana Gazdíková ist keine rundliche, geschmacklos gekleidete Mutti aus dem amerikanischen Süden, sondern eine elegante, jugendlich und sehr gepflegt aussehende Dame. Auch die berechnende Mutter von fünf Kindern Mae sieht sehr anziehend aus; durch die Schwangerschaft, über die sie spricht, ist ihre Figur sicher nicht verformt. Kurz gesagt, die ganze Familie wirkt auf den ersten Blick sehr schön, elegant und fein. Unter dem blank polierten Äußeren funktioniert es selbstverständlich nicht so, wie es funktionieren sollte. Nur fünf ekelhafte Kinder versuchen nicht etwas zu vertuschen. Von ihren Eltern ermahnt, laufen sie auf die Szene hinein, immer mit Geschrei und im genau festgelegten Moment, und wurmen die anderen Hausbewohner.
Das Stück von Williams ist mit den Realien und mit der Atmosphäre des amerikanischen Südens eng verbunden. Kein Wunder, dass sich die Dramaturgie des Stadttheaters Brno für rasante Striche entschied, die den Konflikt aus seiner ursprünglichen Umgebung befreiten, generalisierten und in die Gegenwart verschoben. Daran zielt mit seiner bildnerischen Lösung auch Jan Dušek. Er ließ die Szene fast leer, von den Details befreit und beinahe ohne Mobiliar. Nur hinter dem leicht gehobenen Horizont ist ein Paar Sessel mit Tisch auf der Terrasse zu merken. Der Bühne dominiert das leuchtend Orange des weichen Teppichs, das die Atmosphäre des frühen Abends in Abendsonne effektvoll evoziert und gleichzeitig die "Kampflaune" des kommenden Schlüsselkampfs um das Eigentum anregt.
Dieser Kampf erfolgt ganz in der Regie der Frauen. Der Alkoholiker Brick wird von Lukáš Hejlík als ganz resigniert dargestellt. Er lässt die Ereignisse um sich herum unbeteiligt fliesen, die einzige Bewegung macht er zur Flasche. Von Leidenschaft und Energie sprudelt doch Margaret in der Darbietung von Hana Briešťanská; sie ist zwar nicht so markante Königin der Inszenierung, als wir vielleicht erwarten können, dennoch ist sie provokativ verführerisch, explosiv und mit einem geheimnisvollen Funken begabt. Pavla Vitázková als Mae wirkt ein bisschen kalt und mit Krampfhaftigkeit versucht sie nett auszusehen. Dennoch werden wir ihr ihre Liebe zu Kindern glauben. Die schwächste weibliche Gestalt ist die Mutter in der Darbietung von Jana Gazdíková , die mit ihrem gepflegten Äußeren die abnehmenden Kräfte sowie langsamen Scharfsinnverlust maskiert. Zdeněk Junák fühlt sich im Image eines Ranchers aus Süden nicht zu viel gut, überzeugend weiß er sich doch das letzte Aufraffen des Mannes zu genießen, der denk, dass er gerade seinen Tod überlistete.
Die markanteste Verschiebung, die das Ausklingen der Inszenierung in der Richtung zu einem Happyend ändert, ist der Schluss selbst, wann sich Brick, im Unterschied zu der kompromisslos ablehnenden Stellung in der Vorlage, von Margaret zu verführen lässt. Und sie triumphiert. Wie eine Katze, die auf jenem heißen Blechdach am längsten aushielt.
Pharisäertum ist ein System und wir leben in ihm
Jiří P. Kříž 3. März 2009 zdroj Právo
Farmerresidenz im Mississippidelta, sterbender Vater (Junák).
Um seine Erbschaft reißt sich die Familie: Ehefrau (Gazdíková), zwei Söhne (Hejlík, Bořecký), Schwiegertöchter (Briešťanská, Vitázková), sondern auch der Hochwürde Herr Tooker (Karel Mišurec). Es siegt der, wer wie eine Katze am längsten aushielt, auf dem heißen Blechdach aufzulauern. Was ein von den sehr guten Bildern im Titel des Stücks von Wiliams ist.
Das Drama, das in anderen Theatern zweieinhalb Stunden dauert, wurde von Černín auf eine Stunde und vierzig Minuten präpariert - mit effektvoller dramaturgischer Zusammenarbeit von Viktor Kudělka, der Ende Februar seinen achtzigsten Geburtstag feierte....
Noch von einem Schmuck werden die Regien von Černín dekoriert: Arbeit mit den Schauspielern. Er weiß, ihre Leistungen in hinreißendes Tempo und Expression aufzupeitschen. Er nähert so die tschechische Schauspielkunst jener englischen oder russischen an.
Er macht nichts leicht. Den Schlüsselmonolog des Vaters und Brick absolvieren Junák mit Hejlík in Schaukelstühlen. In denselben Requisiten, die Dominante der Szene von Jan Dušek darstellen, verläuft auch das exponierte Familienabschlussgespräch...
Briešťanská in der Gestalt von Margarete, jener lauernden Katze, die mehr um die Verbesserung ihrer Beziehung mit Brick (Hejlík) als um die Erbschaft kämpft, überzeugt endlich das Publikum im Brno über ihre große und mehrpolige Schauspielkunst. Bravourös erdig ist der Vater in der Darbietung des ewigen Junák, der eine Antwort sowie ignorierende Grobheit nicht weit herholt.
Der Meisterzug von Černín ist die Einladung von Jana Gazdíková auf die Bühne und ihre genaue Zuordnung zu der Rolle der unerträglichen Mutter. In ihren Spuren, und mit Hysterie dazu, geht ihre Schwiegertochter Mae (Vitázková) und Sohn Gooper (Bořecký), Vertreter des Familienpharisäertums, über das das Drama von Wiliams ist. Die meist plastischen Gestalten (Margareta, Vater) werden durch Brick, dank der Auffassung von Lukáš Hejlík, zu drei ergänzt...