Frühlings Erwachen (Spring Awakening)

Frühlings Erwachen (Spring Awakening)

  • Genre Musical
  • Bühne Musikbűhne
  • Premiere21. November 2009
  • Vorstellungsdauer2:25 hod.
  • Anzahl der Wiederaufführungen37
  • Derniére3. Februar 2016

Jazzrockmusical / tschechische Premiere

Die europäische Theaterwelt kennt das Werk des deutschen Dramatikers Frank Wedekind und sein „Frühlings Erwachen“ (1891) sehr gut. Diese in seiner Zeit skandalöse Tragödie der Kindheit und des Heranwachsens wurde vom Autor seinen Eltern und Lehrern gewidmet, die er als eine Gruppe der zu den Bedürfnissen der jungen Generation absolut teilnahmslosen und gleichgültigen Menschen bezeichnete. Die neue Auffassung aus der Feder der amerikanischen Autoren – Librettist und Texter Steven Sater und Komponist Duncan Sheik – ist wie eine  Musicalbearbeitung ganz innovativ, geöffnet und hinreißend. Der amerikanische Librettist und Texter Steven Sater und der Komponist Duncan Sheik brachten ein Stück mit ungewöhnlicher Offenheit und Wahrheit auf die Bühne, das mit der tradierten Neigung des Musicals zu Sentiment und Romantik nichts Gemeinsames hat. Die Geschichte einer Gruppe der jungen Leute am Ende des 19. Jahrhunderts bekommt in ihrer Adaptierung den ganz gegenwärtigen Charakter und seine Botschaft ist hinreißend. Die immer lebendigen Generationsprobleme zwischen Eltern und Kindern, zwischen Kindern und Lehrer, usw., persönliche Ambitionen, Sehnsüchte, Frustrationen, Komplexe, Rebellentum, ungenügende Informiertheit, Naivität, Heuchelei, gegenseitiges Missverstanden, Vorurteile, Kleinbürgerei – das alles, einschließlich der Sexualität und den ersten erotischen Erfahrungen, wird hier kompromisslos, mit Mut und mit der den jungen Leuten eigenen Natürlichkeit entdeckt. Die off-broadway Premiere des „Frühlings Erwachens“ (Spring Awakening) fand im Juli 2006 in New York statt, damit es schon seit dem 10. Dezember jenes Jahres direkt an Broadway, ins Eugen O´Neill Theater gespielt wird. Das Werk bekam 11 Nominierungen zum Prestigepreis TONY, wovon es 8 für das beste Musical, Regie, Musik, Hauptdarsteller, usw. bekam. „Einmal in der Generation, wenn wir Glück haben, erscheint unerwartet ein neues Musical, das alles ändert. Das ist das Aufregende auf dem Erfolg des Frühlings Erwachsens“ “(New York Observer).

Autor

  • Steven Sater
  • Duncan Sheik

Regieassistent

Übersetzung

Dramaturg

Musikeinstudierung

Choreographie

Choreographieassistent

Melchior

Moric

Otto Majer, Reinhold

Georg Zimmer

Jenda Rilke, Albrecht

Wendla

Anna

Marta

Elsa

Rupert

Jenn

Swing

Paní Bergmanová, Gaborová, Besselová, Zubatá - zástupkyně ředitele a Kozáková - učitelka klavíru

Pan Gabor, Stiefel, Rilke, Neumann, Profesor Bolehlav, Kostohryz - ředitel školy, Pastor Břicháček, Doktor a Schmidtová

Brno weckte die Prager Musicalliebhaber

27. September 2010 zdroj www.topzine.cz

Das Ensemble des Stadttheaters Brno kam nach Prag um zu zeigen, wie ein wirkliches Musical aussieht. Frühlings Erwachen weckte die Neue Szene des Nationaltheaters sowie die anwesenden Zuschauer.
Das mutige Werk Frühlings Erwachen, das alle mögliche Winkel der Liebe zeigt, wurde auf der Prager Szene für zwei Tage – den 24. und 25. August 2010 - zum Gast. Das ursprünglich amerikanische Musical wurde von Jiří Josek ins Tschechische übersetzt. Es erzählt ganz offen über dem ersten Sex, Verlieben, sexuelle Orientierung, sondern auch über Probleme, die unversiegbare bis fanatische Sehnsucht nach Annäherung des Vaters mit seiner Tochter mitbringt. Seine Stelle hat hier auch ein anderes Problem der jungen Leuten – Schule. Moritz wird aus der Schule verwiesen, was soll er tun? Sein Leben wurde zunichte, ebenso das Leben des von seinem eigenen Vater gequälten Mädchens. Wie kann es ausgehen?
Die Komödie mündet in eine TragödieDie erste Hälfte ist sehr komisch; die gegenseitige Annäherung vor allem des zentralen Paars, Erkennung des eigenen Körpers, einschließlich der mutigen Selbstbefriedigung von Hänschen direkt auf der Bühne treibt Tränen in die Augen der Zuschauer. Wegen Lachen. Die Tränen kommen doch auch am Ende der Vorstellung. Es sind doch die  Tränen, die durch tragische Wende, schicksalhaftes Ende der jungen Liebe, der jungen Leben verursacht werden. Diese Tragödie weiß die Herzen der Menschen jedes Lebensalters zu berühren, auch wenn sie über die ersten Lieben erzählt.
Was sollte die Prager Szene von jener aus Brno lehren? Vor allem die Besetzung. Es war hier kein einziger Schauspieler und Sänger, der alle zum richtigen Musical gehörigen Disziplinen nicht bravourös bewältigen würde. Also kein schauspielerisches (also falsches) Singen im dramatisch-musikalischen Genre, sondern saubere und erlebt vorgetragene Leistungen. Wie es zu sehen ist, das Stück muss keine medial bekannten Gesichter haben um als qualitätsvoll bezeichnet werden zu können. Die einzige Darstellerin, die wir aus den Fernsehbildschirmen sehr gut kennen können, war Hana Holišová. Sie können sie aus der Sendereihe Velmi křehké vztahy der Fernsehstation Prima kennen. Im Frühlings Erwachen stellte sie sich, wie sonst ausgezeichnet, in der Gestalt von Ilse. Die Hauptrolle wurde von Svetlana Slováková als Wendla dargestellt, neben ihr stellte sich Jiří Mach als Melchior vor. Die mehr komische Leistung zeigte Vojtěch Blahuta in der Gestalt des Studenten Moritz.
Chaos in GestaltenAuch wenn das Werk wirklich gelungen ist, würde ich die Mikrophone auf der Bühne vorwerfen. Es würden nur die Mikroports genügen, dann würde die Vorstellung mehr der Wirklichkeit entsprechen und sie würde nicht als eine Konzertvorstellung aussehen. Ebenso war nicht zu viel wirkungsvoll, wenn Zdeněk Junák und Jana Musilová die Eltern von mehreren Gestalten und darüber hinaus auch die Professoren darstellten. Wegen einem Moment der Versonnenheit hat dann ein unaufmerksamer Zuschauer in den durch dieselben Protagonisten dargestellten Gestalten Chaos.
Auch trotz diesen kleinen Stolpern wird sich dieses von Stanislav Moša in Szene gesetzte Werk ins Gedächtnis der Zuschauer tief prägen. Dank vielen Emotionen, welche die Schauspieler den Zuschauern übergeben, und auch wegen schöner Lieder, werden sie sich dieses Erlebnis ihr ganzes Leben lang mitbringen. Wir freuen uns also auf einen anderen Besuch der Inszenierungen des Stadttheaters Brno. 
                                                                                            
 
 

 

Musical als ein Generationsprotestsong

Vít Závodský 23. Februar 2010 zdroj Týdeník Rozhlas

Als die Bühne des dritten Jahrtausends wird die moderne Musikbühne des Stadttheaters Brno bezeichnet. Während fünf Jahre ihres Betriebs bat sie dreißig Inszenierungen an, davon zehn Weltpremieren und fünfzehn tschechische Premieren. Zwei neuerlichen tschechischen Musicalpremieren werden – neben den ungewöhnlichen Interpretierungsqualitäten – durch die verdienstvolle Bemühung verbindet, sich mit dem kommerziell unterwürfigen Gefälligen nicht abzufinden, sondern aktuelle aufrüttelnde Mitteilungen zu suchen. Unmittelbar nach der zentraleuropäisch orientierten Vorlage des Prager Gebürtigen Michael Kunze und des ungarischen Schriftstellers Sylvester Levaye Mozart! (der Held ist in einen Bohemienrocker stilisiert) kam auch Frühlings Erwachen des Librettisten Steven Sater und des auch in Brno sich aufhaltenden Komponisten Duncan Sheik an die Reihe – Broadway-Titel, seit seiner Premiere im Jahre 2006 schon mit acht prestigen Tony-Preisen geschätzt.
Diese jemals skandalöse und proskribierte „Kindertragödie“ (1891) von Frank Wedekind gehört zu den langjährigen Lieben des Regisseurs Stanislav Moša. Zusammen mit dem Team seiner bewährten Zusammenarbeiter – Dirigent Karel Škarka, Bühnenbildner Jaroslav Milfajt und Andrea Kučerová und Choreographin Aneta Majerová – und in der passenden Übersetzung von Jiří Josek bearbeite er sie in eine Jazzrockform. Er erhielt das Sujet sowie die Zeitrealien und es gelang ihm, die damaligen tabuisierten Themen (Verwirrungen der Pubertätserotik, Homosexualität, Winkelfehlgeburten, Selbstmorde) zu vergegenwärtigen und sie mit den heute aktuellen Themen von Schikane und Kindermissbrauch zu unterstreichen.  Den Kindern droht heute kein Rohstab in der Schule bei dem Auswendiglernen von Vergilius und was die erotische Belehrung betrifft, brauchen sie wirklich nicht, die Bemerkungen eines Mitschülers zu lesen, die Einsichtslosigkeit in ihrer nächsten Umgebung, Streite mit Autoritäten und unterschiedlichste Zwischengenerationskonflikte betreffen sie doch auch heute. Die Gestalten der Studenten – Melchior, Morize, Wendla und die anderen – haben in den geprägten Kreationen sogar dreifache Besetzung und ihre züchtig intime sowie kollektiv rasante Auftritte entwickeln sich von der infantilen Naivität bis zum rauhen Trotz. Dagegen werden alle Figuren der Erwachsenen nur durch zwei Schauspieler verallgemeinert dargestellt. Der Bühnenraum eines Gefängniskäfigs, wo die gerade nicht spielenden Schauspieler, nicht zahlreiches Orchester und auch einige Zuschauer setzen, evoziert die Atmosphäre eines öffentlichen Verfahrens, das uns alle betrifft. Der nicht besonders lange Abend mit Minimum von aufdringlichen Hits verzichtet an das in den ersten Plan gesetzten Naturalismus und in der frostigen, dicht werdenden Atmosphäre zielt er auf die wirkungsvolle Katharsis ab. 
                                                                      

Frühlings Erwachen auf der Neuen Szene des Nationaltheaters

Veronika Břešťanová 5. Februar 2010 zdroj musicalnet.cz

Im für das Musicaltheater untraditionellen Raum, auf der Prager Neuer Szene des Nationaltheaters, stellte sich das Stadttheater Brno am 5. Februar im Rahmen der durch die Agentur Foibos organisierten Schau Tschechisches Theater vor, und zwar mit der Bearbeitung des amerikanischen Musicals Spring Awakening – Frühlings Erwachen.
Dieses amerikanische Musical, dem acht Tony-Preise im Jahre 2007 in den USA erteilt wurden, wurde vom Stadttheater Brno als dem ersten tschechischen Theater zum ersten Mal am 21. November 2009 aufgeführt. Das Textbuch sowie die Texte wurden von Steven Sater nach den Motiven des Theaterstückes des deutschen Dramatikers Franz Wedekind geschrieben, der Autor der Musik ist dann Ducan Sheik. Die tschechische Übersetzung ist die Arbeit von Jiří Josek. Er übersetzte einen Teil der originellen Namen, so dass der originelle Moritz in der tschechischen Version nur Moric ist, aus Hanschen wurde dann Jenda und aus Ilse Elsa.
In der Regie von Stanislav Moša stellten sich dann neue, nicht zu oft gesehene Gesichte, sowie auch die bewährten Barde des Stadttheaters vor. Eine Überraschung für die Zuschauer war vielleicht die Tatsache, dass die Protagonisten neben den standardmäßigen Mikroports auch die Handmikrophone für den Gesang benutzten, die in den Kostümen versteckt wurden.
Wie es in Brno schon zu einer guten Gewohnheit wurde, wurden die Protagonisten vom live spielenden Orchester unter der Leitung von Karel Škarka begleitet. Dieses war, wie es in den USA gewöhnlich ist, direkt auf der Bühne situiert. Auf den beiden Seiten der Bühne befanden sich auch zwei Theaterreihen, in denen u.a. die Mitglieder der sog. Offstage des Ensembles saßen und die Chorlieder mitsangen.
Die Handlung geht am Ende des 19. Jahrhunderts auf einer nicht näher bestimmten Stelle vor. Wir sehen den Lebensweg des jungen Mädchens Wendla, ihrer Freundinnen sowie der Studenten der Ortschule, die gerade die Sexualität auf dem Hintergrund einer rigiden Gesellschaft entdecken, wo nicht einmal Eltern oder Lehrer bereit sind, die Belehrung über Sex, Masturbation und ähnliche „kontroverse“ Themen ihnen zu geben.
Für das Prager Publikum wurden die meisten Gestalten durch unbekannte Schauspieler dargestellt. Die einzige, medial bekannte Persönlichkeit war Hana Holišová in der Gestalt von Elsa. Sonst sandte das Stadttheater Brno eine sehr hochwertige Besetzung nach Prag. Eindeutig ausgezeichnet war die Wahl von Ivana Skálová für die Rolle von Wendla. Sie konnte endlich ihr sehr markantes Talent voll zeigen und diese Rolle passte ihr wirklich ausgezeichnet. Jiří Mach ist dann ein idealer Darsteller des charismatischen Führers Melchior.
In der Rolle des neurotischen Moric stellte sich dann Lukáš Janota vor, den ein Teil des aufmerksamen Publikums wegen seinem Mitwirken in der zweiten Serie Tschechien sucht nach einem Superstar kennen kann. Die Musicalfans konnten ihn zum Beispiel in Godspell oder wie einen Companymitglied in unterschiedlichsten Inszenierungen des Stadttheaters Brno sehen. Für seine Rolle hatte er genügende gesangliche Fähigkeiten.
In den Mädchengestalten stellten sich dann Johana Gazdíková als Thea, Kateřina Krejčová als Anna und Tereza Martinková als Anna auf der Bühne vor. Die Knabencompany war dann aus bewährten Namen zusammengesetzt - Jakub Uličník als Otto, Lukáš Vlček als Jenda, Tomáš Novotný als Ernst und Radek Novotný als Georg. In den erwachsenen Gestalten konnten wir dann Jana Musilová und Milan Němec sehen, die sich von einer Gestalt in eine andere direkt auf der Bühne änderten, z.B. die Mutti wurde plötzlich Klavierlehrerin, der Schulleiter wurde dann zu dem begreifenden Vater.
Es ist zu erkennen, dass Frühlings Erwachen im Stadttheater Brno, mindestens in der Besetzung, die wir in Prag sehen konnten, sehr gelungen und mit den ausländischen Aufführungen sicher vergleichbar ist. Die Bearbeitung dieses Hits gelang dem Regisseur Moša  ausgezeichnet und dieses heute schon kultisch gewordene Musical verdient sicher, dass er auch in Brno, im Stadttheater besucht wird.
                                                               

Bei diesem Musical läuft es kalt über den Rücken

Luboš Mareček 27. November 2009 zdroj MF Dnes

Es ist aber ein Erlebnis!


Am Wochenende wurde in Brno, in tschechischer Premiere, die Welt-Musicalneuheit Frühlings Erwachen der Autoren Steven Sater und Duncan Sheik serviert. Der Titel, der die Vertonung der einst skandalösen  „Kindertragödie“ von Frank Wedekind ist, war gleich nach seiner amerikanischen Aufführung im Jahre 2006 außergewöhnlich erfolgreich. Bald kam er auf Broadway und wurde mit acht Prestigepreisen Tony geschätzt.
Der Regisseur Stanislav Moša importierte doch ins Stadttheater Brno keinen überseeischen Musicalhit. Frühlings Erwachen in Brno ist ein wirklich sehenswürdiger Titel: was Musik, Szene sowie Inhalt betrifft. Anstelle der  unfruchtbaren Bearbeitung der Mainstream-Themen der Popkultur, wie wir sie aus anderen Produktionen kennen, ist dieses Musical eine Inventur der hundert Jahre alten, sondern äußerst aktuellen Themen.

Ein Meisterstück
Die Geschichte der heranwachsenden Kinder, welche mit ihrer erwachenden Sexualität sowie mit hartköpfigem Starrsinn der Welt der Erwachsenen kämpfen, bekam eine interessante Jazz-Rockverpackung. Sie werden hier keine einschmeichelnde Hits hören oder ausladend blitzende Musicalarrangements voll von Flittern sehen. Die Bühne ist ein riesiger Käfig, in dem das live spielende, sechsköpfige Orchester sowie alle Mitwirkenden und sogar einige Zuschauer sitzen. Es betrifft alle.
Soll ich alle Inszenierungsbestandteile mit einem einzigen Wort bezeichnen? Dann werde ich das Wort Dringlichkeit verwenden. Aus der dezenten Kammerverpackung drängen sich die Themen wie Hausgewalt, Kindermissbrauch, Schikane oder Homosexualität vor. Und es ist verwunderlich, dass der vertönte Text aus dem Jahre 1891 mit seiner ungewöhnlichen Offenheit die Verlegenheit bei den Zuschauern bis heute erregt. Das Publikum braust, wenn man über Pädophilie spricht oder sich zwei Jungen auf der Szene küssen. Regisseur Moša stellt doch die Skandale nicht schreiend aus. Aus dem Kindermosaik der verwirrten Gefühle und Reaktionen zieht er die einzelnen Geschichten empfindlich heraus.
Effektvolle Beleuchtung, geschickte Regie, volles Musikarrangement, einfallsreiche Choreographie und alle sängerische Leistungen machen aus dem Frühlings Erwachen in Brno ein Theatermeisterstück. Und auch ein dauerndes Zuschauerereignis.

Steven Sater, Duncan Sheik: Frühlings Erwachen

David Kroča 26. November 2009 zdroj Rezension für den Tschechischen Rundfunk Vltava

Stadttheater Brno, Musikbühne, Premiere am 21. November 2009
Das Musical Frühlings Erwachen erhält alle grundsätzlichen Handlungslinien der Vorlage von Wedekind. Im Zentrum der Handlung steht die Beziehung des vierzehnjährigen Studenten der Knabenschule Melchior und der gleichalten, doch in Liebe nicht belehrten Wendla, welche mit Schwangerschaft des Mädchens endet. Das Schicksal des jungen Paars ist tragisch, weil der Junge in eine Besserungsanstalt gesendet wird und Wendla bei einem Winkelabort stirbt. Die Welt der jungen Leute steht hier im scharfen Gegensatz zur Welt der Erwachsenen, welche die Phrasen über Moral um sicht werfen, doch in der Realität Schicksalsfehler machen.
Seine Antipathie zu dieser Welt drückte der Librettist des Musicals dadurch aus, dass alle erwachsenen Gestalten nur von zwei Schauspielern dargestellt werden, so dass die Lehrer, Eltern sowie Prediger in einen Klumpen zusammenlaufen. Im Gegensatz dazu sind die Jungen vollblütige Gestalten voll von Leben und Energie. Die auf diese Weise verteilten Karten sind zwar tendenziös aber ermöglichen, das Spiel zu spielen, in dem man zeigen wird, dass heuchlerischer Kleinbürger kein toter Begriff ist. Insbesondere wenn seine Ruhe mit den Themen wie zum Beispiel sexuelle Reifung, Hausgewalt oder Homosexualität gestört wird.
Regisseur Stanislav Moša enthüllt nicht nur die aktuelle Schärfe der einst skandalösen Vorlage, sondern er will den reizbaren Text wie einen öffentlichen Prozess zu inszenieren, zu dessen Teilnehmer auch die Zuschauer im Saal nach und nach werden. Ein Teil von diesen sitzt wirklich in den zugegebenen Reihen auf der Bühne und vermischt sich unaufmerksam mit den Schauspielern, welche nach ihrem Auftritt in der Menschenmenge verschwinden. Die Möglichkeiten dieses Inszenierungsschlüssels werden zum Beispiel im schockierenden Song mit dem Thema der Hausgewalt und des Inzestes gezeigt, bei dem zu einer der singenden Opfern die anderen nach und nach beitreten, als ob sie gerade Mut fanden, ihr Problem zu veröffentlichen. Eigentlich jede Musiknummer dieses Musicals hat die Form einer starken persönlichen Aussage des Protagonisten. Die Authentizität der Songs wird dann auch vom live spielenden Orchester direkt auf der Bühne hervorgehoben, so dass die Geschichte von Melchior und seinen Freunden an ein Rockkonzert erinnert.
Ein wichtiger Zug in der schauspielerischen Auffassung sind die Zweideutigkeit oder Doppeldeutigkeit der Handlung, die auch die Komik ausklingen läst, und die Körpersprache und physische Aktion, welche die Szenen voll von Emotionen auf der Bühne ausbilden. Die Schauspieler wussten die gespannten Situationen mit Ehre darzustellen, auch wenn das Textbuch es ihnen nicht einfacher macht, weil es in einigen intimen Szenen ziemlich explizit ist. In der Besetzung, die ich sehen konnte, zog die Aufmerksamkeit der Zuschauer Svetlana Slováková in der Gestalt von Wendla. Diese junge Schauspielerin verlieh ihrer Mädchengestalt erforderliche Naivität und Verletzbarkeit, sondern auch eine große Dose junger Sehnsucht und Wildheit. In diesem Sinne sekundierte ihr erfolgreich Ondřej Bábor in der Gestalt von Melchior, der doch unter den Knabenfiguren im Schatten des hinreißenden, zerrissenen Moritz in der Darbietung von Vojtěch Blahuta teilweise blieb. Was den Gesang betrifft, dominiert der Inszenierung die Leistung von Hana Holišová in der Gestalt von Elsa, der das letzte Finallied mit Recht gehört.
„Hör das Lied, /das im Kind klingt, / es ist nicht immer lustig“, singt man in der Übersetzung von Jiří Josek und diese Versen könnten auch das Motto des Musicals sein. Gerade aus diesen ist nämlich sichtbar, dass es mehr als den kichernden Teenager an uns, Erwachsenen, die die Quälereien unseres Heranwachsens schon vergasen, bestimmt ist. Das provokative Musicalstück der amerikanischen Autoren erfrischt unser Gedächtnis mit unerbittlicher Offenheit.
 David Kroča,
 Rezension für den Tschechischen Rundfunk Vltava

Liebeskunst in Stanislav Mošas Theater

Jiří P. Kříž 25. November 2009 zdroj Právo

Das Leben scheint ein totales Shit zu sein, du, in Falle gefangen, weißt nicht wohin gehen, so wüten die Jungen im Frühlings Erwachen.
Wedekinds Frühlings Erwachen ist ein großes Thema der europäischen dramatischen Produktionen über den Streit der elterlich-pädagogischen Generation mit den Kindern um die Wende der Adoleszenz und Pubertät.
Der Konflikt änderte sich von der Entstehung des Stücks (1891) nicht. Die Heuchelei der Kleinbürger ist daran interessiert, ähnliche Streite zu ignorieren, ein Tabu aus ihnen zu machen, ihre Reflexionen zu zensurieren. 
Dieses ausgezeichnete Stück wurde vom Librettisten Steven Sater und Musikanten Duncan Sheik in der Zeit der gesellschaftlichen Prüderie Bushs Ära geschrieben. Im Frühjahr 2006 erblickte das Licht der Welt das Musical Frühlings Erwachen, zuerst auf Off-Broadway und noch dasselbe Jahr im Broadway-Theater O’Neill.
Musical auf eine ganz andere WeiseDrei Jahre nach der Weltpremiere, die sich den New Yorker Konventionen eines Musiktheaters entzog und nach der sich die Inszenierung auf die europäischen Bühnen sowie auf die Bühnen aller Welt blitzschnell verbreitete, bringt Stanislav Moša Frühlings Erwachen auch auf die Bühne des Stadttheaters Brno.
Wohin sonst in Tschechien? Nach der Liquidierung des Theaters Karlín Prag seitens des Magistrats überragt die Musikbühne des Stadttheaters Brno um drei Stockwerke alles, was bei uns im Musical und in der Operette geschieht. Ganz zu schwiegen über immer mehr gleichförmigen und verrückten Einfälle der privaten Produktionen: Schwejk wurde wegen totaler Dummheit seiner Autoren nach einigen wenigen Wiederaufführungen abgesetzt.
Nach Tokio, Rio, Sydney, Buenos Aires, London und anderen europäischen Städten provoziert und ergreift die Geschichte des elterlichen und kirchlichen Drills sowie des Schuldrills und dabei auch der erotischen Reifung und zerbrechlicher Erkennung, was bei der Unbereitstellung und aussichtsloser Lage in einer prüderischen Gesellschaft auch zum Tod führen kann, seit der Premiere am 21. November auch in Brno.
Gott sei dank für die Übersetzung von Jiří Josek, der weiß, auch Shakespeare mittels gegenwärtiger Sprache zugänglich zu machen. Sicher dass ihm Wedekind und sein empfindlicher amerikanischer Nachdichter nahe stehen. Und der Jazzrockspezialist Sheid, der das Musical zurücksetzte und trotzdem auch viel vorschob; zumindest zu Wohlklang, aber auch zu Glaubwürdigkeit.
Ausgezeichnete Holišová
Hut ab vor den „Erwachsenen“ Irena Konvalinová und Zdeněk Junák (alterniert von Jana Musilová und Milan Němec). Auf der Bühne modellieren sie alle elterlichen und pädagogischen Gestalten. Aus der Menge der Jungen, die sich im Streit mit ihren Erziehern und ihrer eigenen Unerfahrenheit finden, ragte bei der ersten Premiere die perfekte Musicalleistung von Hana Holišová (Else). Die Aufmerksamkeit ist ganz natürlich auch an Svetlana Slováková (Wendla), Jiří Mach (Melchior) und Vojtěch Blahuta (Moritz) konzentriert.
In der Rezensionsglosse schaffe ich leider nichts mehr, als die erste selbständige Choreographie von Aneta Majerová, die ornamentale Szenographie von Jaroslav Milfajt und die Kostüme von Andrea Kučerová zu loben.
 

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