Das Brünner Arkadien führt nicht direkt zur Glückseligkeit
Luboš Mareček 19. Oktober 2004 zdroj Divadelní noviny
Das Stadttheater in Brünn hat als zweite Bühne im Land Stoppards berühmtes Stück „Arkadien” in seinen Spielplan aufgenommen. Seine tschechische Premiere hatte das Schauspiel vor sechs Jahren mit dem geziemenden Pomp und unter Anwesenheit des Autors in der Prager Komödie. Der Titel aus dem Jahr 1993 führt Theatermacher bis hinter die Grenzen der dramaturgischen Sicherheit. Der vielschichtige Text zielt sicherlich nicht direkt auf die ausgestreckten Arme des Publikums. Im übrigen hat der Autor selbst bereits Ende der siebziger Jahre erklärt, daß ihn Helden mit großem H und Psychologie mit großem P nicht interessieren. Ihn ziehen vor allem Gedanken an, und nur deshalb muß er Träger schaffen, die sie mitteilen. Stoppard hat später eingestanden, daß in „Arkadien” Ideen und Einfälle gleich für drei Theaterstücke enthalten sind. Da hat er recht.
Zur Flut der ironischen Wortspiele, Paradoxa oder Aphorismen gehört eine verwickelt komponierte Handlung. Das, was sich in der Vergangenheit abspielt, erforschen im selben Raum Menschen zwei Jahrhunderte später. Zum Ende kommt es sogar zur physischen Durchdringung von Geschichte und Realzeit. Die Figuren beschäftigen sich mit Themen, die für die Mehrheit wohl eher abstrakt sind. Wessen Lebensleidenschaft sind schon iterierte Algorithmen, Literaturgeschichte oder Parkarchitektur? Stoppards Drama ist aus diesem Blickwinkel bis zu einem gewissen Grad tatsächlich ein Papierstück.
Spritzige Dialoge, die spannende Suche in der Geschichte, sarkastische Verweise auf die Steifheit der gelehrten, akademischen Welt und die Mehrdeutigkeit aller ihrer Theorien schaffen jedoch ein belebendes dramatisches Gemisch, dessen Konsum im Theater ein Erlebnis nicht nur für Gebildete sein muß. Stoppards intellektueller Krimi bietet eine Unzahl an Bedeutungsvaleurs, in denen Platz ist für Ironie, Anmut, komische Situationen, aber auch Sexualität, Liebe und deren Niedergang. „Arkadien” ist bei Stoppard nicht nur ein Phantom oder eine erträumte idyllisch-bukolische Landschaft. Es ist ein Raum, wo ein mit der Fähigkeit nachzudenken, zu kombinieren, zu entdecken, zu grübeln und zu spielen begabter Geist „weidet”. Auf diesen Weg sollte die Inszenierung auch das Publikum von Stoppards Stück führen.
Nach Brünn hat „Arkadien” der Preßburger Regisseur Roman Polák gebracht, der sich nicht mit Pirouetten überraschender Handlungen behilft und auch keine anderen szenischen Effekte verwendet, welche die Aufmerksamkeit vom Wesentlichen ablenken würden: den Dialogen.
In „Arkadien” blitzt die Kunst sprühender Wildescher Diskussionen durch. In unserem Land beherrschen wir sie im Gegensatz zu England nicht besonders. Mit Lust zu sprechen, die Worte freudig fließen zu lassen, elegant mit ihren Bedeutungen zu jonglieren und dabei leichthin banale und wirkliche Weisheiten anzuhäufen, das ist keinesfalls einfach. Im Brünner Stadttheater wurde voriges Jahr quasi als Vorübung zu Stoppards „Arkadien” gerade Wildes Komödie „Ernst sein ist alles” gespielt. Einer ihrer Protagonisten, Viktor Skála, hat sich in „Arkadien” als einer von wenigen die Bestnote verdient. Sein sarkastischer Hauslehrer Septimus Hodge ist eine meisterhaft geschriebene Figur, der Skála Temperament und spielerischen Charme verliehen hat. Auch Irena Konvalinová zeichnet brillant die amoralische Sittenwächterin Lady Croom. Evelina Jirková in der Rolle der pubertären Thomasina bewältigte überzeugend die Wandlung vom Kind zu einem zielbewußten jungen Mädchen. In der Brünner Inszenierung tritt unverhältnismäßig lebendiger gerade die historische Gruppe aus dem Jahr 1809 hervor. Das liegt daran, daß die gegenwärtige Ebene von „Arkadien” eine nicht so behexende Atmosphäre besitzt und eloquenter ist.
Regisseur Polák hat in Brünn aber kein bloßes aufgeblähtes Konversationsstück zusammengebastelt. Stoppards Stück zeigt ironisch, aber auch mit Nostalgie auf, wie relativ alle Theorien und auch die Erkenntnis an sich sind. Polák hat das reich verzweigte Szenar mit pikanteren Momenten bezuckert, er bemüht sich geduldig und langsam, dem Publikum wie den Akteuren darin den Weg zu weisen. Seine dreistündige Inszenierung ist keine Volksvergnügung, zum Glück aber auch kein akademisch langweiliges, statisches Schauspiel, auch wenn es mit der Zeit an Tempo einbüßt. Der wehmütige Ton im Finale läßt die Frage hervortreten: Wozu sind all unsere Mühen? Das von der Länge wie vom Inhalt kolossale „Arkadien” wird nicht jeder ohne Probleme verdauen. Beim Brünner Stadttheater hat man mit dieser Wahl bewiesen, daß man sich an ein anspruchsvolleres Repertoire wagen kann.
Stoppards „Arkadien” als überzeitlich lebensfähiges Drama
Tomáš Hejzlar 1. Oktober 2004 zdroj Haló noviny
Das Brünner Stadttheater hat sich in den letzten Jahren vor allem durch eine Serie von einfallsreich konzipierten, in der Regel speziell für dieses Haus entstandenen Musicalprojekten einen Namen gemacht, aber auch seine Schauspielproduktion ist nicht zu vernachlässigen. Stanislav Moša entschied sich als Direktor für ein neuzeitlich universelles Theater, das sich zwar unter den heutigen, für Kultur oft sehr schwierigen, kapitalistischen Bedingungen sein eigenes Geld verdienen muß, dies aber nicht mit den Methoden eines sich anbiedernden Repertoires tut.
Hiervon zeugte in der letzten Zeit auch die Einstudierung des Theaterstücks „Arkadien” des britischen Gegenwartsautors Tom Stoppard. Dieser aus Zlín gebürtige Dramatiker gehört zu den anerkanntesten der heutigen Zeit. Zu seinen bekanntesten Bühnentiteln gehört die Hamlet-Paraphrase „Rosencrantz und Guildenstern sind tot”, beim Kinopublikum wurde er vor allem mit dem Film „Shakespeare in Love” populär.
Die Brünner Version respektiert darüber hinaus die funktionell empfundene Kollision einer imaginären „Realität” mit dem Experimentieren, rekonstruiert sie in einer etwas nostalgischen, auf der Bühne sehr aussagekräftigen, geradezu Tschechowschen Stimmung ohne szenische Banalitäten und überflüssiges Kaschieren jeglicher Art. „Arkadien” verbindet in vollkommener Weise eine subjektivierende Psychologisierung mit zeitlosen Ideen. In Stoppards Schaffen zeigt sich eine eigentümliche schöpferische Ruhelosigkeit, auf die möglicherweise auch die Tatsache ihren Einfluß hat, daß die Eltern des Dramatikers am Vorabend des Zweiten Weltkriegs vor der anlaufenden faschistischen Maschinerie aus ihrer Heimat ins ferne Ausland flohen, um ihr nacktes Leben zu retten. Stoppards Zeit- und Raumwahrnehmung entzieht sich beengten nationalistischen Tendenzen: sie ist „durch Zeit und Raum hindurch” auf Überzeitlichkeit ausgerichtet. In „Arkadien” spüren wir den Abglanz eines kafkaesken visionären Intellektualismus, der sich hier auch mit einem europäischen Humanismus nach der Art Čapeks vermengt hat. Aber Stoppard geht weiter: er ist ein hochgradig zeitgenössischer Schöpfer.
„Arkadien” läßt die Inszenierung als ein einschmeichelndes Konversationsstück zu, das erfolgreich die Zuschauerränge füllt, aber auch als eine akademisch entpersönlichte, ja geradezu einem Labor entsprungene Essenz philosophischen Bühnenschaffens voller scharfer Kontraste. Der gastierende Regisseur Roman Polák hat allerdings keines dieser beiden Extreme gewählt: er war bemüht um einen Kompromiß zwischen der anziehenden Wirkung auf das Publikum und der appellativen Kraft des gegebenen Themas – und den hat er, wie es scheint, auch gefunden: obwohl das Stück eine Länge erreicht, der die Aufmerksamkeit des Publikums üblicherweise nicht mehr gewachsen ist, nimmt die Regie es keineswegs durch schlüpfrige Apartheit ein, sondern durch ihre Bemühung um dezente Professionalität. Das Stück kann einem so in manchen Momenten wie ein wahrhaftiges Konzert der Akteure auf der Bühne vorkommen. Doch gleich wieder, wie zur Erholung von der angespannten Aufmerksamkeit, perlt hier und da komödiale Frivolität hervor – geschmeidig, aber ohne sich in vereinfachter Weise anzubiedern. Die Schauspieler haben dies offensichtlich gespürt und suchen durch ihre Leistungen zu diesem großen Realisierungsbogen beizutragen. Sie sind perfekt ausgeglichen, die einzelnen Akteure „ragen nicht heraus”, sondern begreifen ihre Ebene und ihr Ziele im Rahmen des Ganzen. Einem jeden stünde es zu, erwähnt zu werden, auch den Darstellern vermeintlich peripherer Rollen. Nicht verschwiegen werden darf jedoch die herausragende Kreation Alena Antalovás: ihre Leistung nämlich ist ein Muster einzigartiger schauspielerischer Qualitäten, die wir so oft auch auf den Prager Bühnen vermissen. Ihre scheinbar frigide Schriftstellerin Hana, die sich von niemandem etwas gefallen läßt, ist eine außergewöhnliche Verbindung einer nicht auf das Maul gefallenen emanzipierten modernen Frau, deren Inneres jedoch viel reicher ist, als sie es ihrer Umgebung auf den ersten Blick zeigt. Antalová hat sich ihrer Rolle mit tiefem psychologischem Einfühlungsvermögen angenommen, dabei wird sie nicht pathetisch und geht auch nicht nur oberflächlich über das hinweg, was Stoppard seiner Figur vorschreibt.
Die Brünner Einstudierung von „Arkadien” wird so zu einem sympathischen, rhetorisch wie choreographisch perfekt abgestimmten Kollektivkonzert der Schauspieler, allerdings mit einer Starfigur – und die skizziert gerade Antalová. Der Gesamtkonzeption entspricht auch die vereinfachte Szene von Jaroslav Milfajt mit Kostümen der ebenfalls gastierenden Sylva Zimula Hanáková. Die Dramaturgen Ladislav Stýblo und Jiří Záviš haben das Repertoire des Brünner Theaters auf sehr aktuelle Weise bereichert, und das Ensemble hat die Realisierung als Sache seiner Berufsehre aufgefaßt.
Werden alle Geheimnisse erklärt...
23. September 2004 zdroj Scena cz
Werden alle Geheimnisse erklärt
und all Sinn umnebelt,
werden wir allein
auf einer wüsten Küste sein... (Arcadia)
Das Spiel von Tom Stoppard Arcadia weckte bei seiner tschechischen Erstaufführung im Theater Komödie im Jahre 1998 einen großen Widerhall und wie das „Spiel des Jahres“ gewann den Alfred Radok Preis. In diesen Tagen wurde es in der neuen Interpretation (des Regisseurs Roman Polák) im Stadttheater Brno vorgestellt.
Es spielt in zwei Zeitebenen, die in der ersten Hälfte miteinander abwechseln und in der zweiten Hälfte wie zwei Quellen ineinander frei einfließen und sich unbeobachtet vermischen. Gerade diese Vermischung der Vergangenheit und Zukunft, der Wirklichkeit und Fantasie, der Komödie und Tragödie, des Lebens und Todes, der Liebe und Vernunft ist für seine meisten Spiele typisch. Falls sich der Regisseur diesem Angebot von Stoppard unterziehen und seine Wörter möglichst authentisch übergeben will, darf er keine bitterkalte Interpretation wählen, doch nicht durchstreichen – weil alles seine genau gezielte Stelle hat - und muss sich seiner eleganten Konversation (vielleicht ein bisschen im Stile von Oscar Wilde) fügen und auf feine schauspielerische Leistungen setzen. Wie es scheint das Stadttheater Brno solche Schauspieler hat.
Zu nennen sind mindestens junge Thomassina von Evelína Jirková, die die letzten Berührungen der Kindheit mit einem tragischen Akzent des vorzeitigen Todes in sich trägt; der Lehrer Septim Hodg von Viktor Skála, der Mann im Hintergrund der Ereignisse, die er (ungewollt) selbst in Bewegung setzte, um sie mit Einsiedlerleben auszukaufen; die mit dem Leben vertauschte Journalistin Hana von Alena Antalová oder der selbstbewusste Professor Nightingale von Martin Havelka.
Arcadia entwirrt das Spinngewebe der Beziehungen aus der Gegenwart sowie Vergangenheit
Simona Polcarová 7. September 2004 zdroj Rovnost
Arcadia ist vor allem das Spiel der Gedanken, und deshalb erscheinen die aktivsten Personen (Frau Chater) auf der Szene gar nicht. Die größte Aufmerksamkeit zieht die brillante Konversation der Mitwisser über Mathematik, Literatur oder Gartenarchitektur an, und es ist zu sagen, dass die Schauspieler sich in diesen Bereichen sehr gut fühlen und die jeweilige Problematik so erklären, als ob diese für sie wirklich das tägliche Brot wäre. Die Schicksale von Personen aus der Vergangenheit sowie Gegenwart ergänzen sich einander und vermischen sich, bis sie sich nach einigen „Schnitten“ in die Jahre 1809 und 1812 und zurück auch im Bild vermischen.
Bei der Besetzung wies der Regisseur glückliche Wahl nach. Sehr sophistisch und sympathisch klingt Viktor Skála wie der Lehrer der jungen Thomassina Coverly aus, der Mitschüler von Byron dringt in die Geheimnisse von Algorithmen in der gegenwärtigen Welt mit Petr Štěpán in der Rolle von Valentin Coverly, Alena Antalová wie die Schriftstellerin Hana Jarvis, die im Sitz der Familie Coverly nach den Quellen für ihre weitere Arbeit sucht. Hana von Alena Antalová ist die geheimnisvollste und kompliziertste Gestalt, die grundsätzlich auf der Seite der Vernunft steht und sich vor jedem Gefühl verteidigt, und die trotzdem die Emotionen und Sehnsucht in alle männliche Gegenüber weckt. Lieb ist Evelína Jirková (sie alterniert ihren Part mit Veronika Poláčková) in der Rolle der absichtslos genialen und gefühlsvollen Thomassina und die Parallele zu ihr stellt stummer Gus Coverly (Pavel Hýža) dar. Die Noblesse hält auch Irena Konvalinová wie raffinierte Lady Croom ein und einen weiteren von seinen wohlgefälligen, eiteln Kerls stellt in der Rolle von Professor Nightingale Martin Havelka dar.
Arcadia ist das Spiel, in dem es viel geredet wird und das viel zu reden gibt. Es erträgt viele Auslegungen und bietet eine unerschöpfliche Menge der Polemiken an. Und viele Fragen lässt es unbeantwortet. Wer aber sein Geschmack abgewinnt, der gewinnt es trotz seiner ungewöhnlich umfangreichen „Fußlänge“ lieb.
Brno rehabilitierte Arcadia von Stoppard
Jiří P. Kříž 7. September 2004 zdroj Právo
Eine von zwei Inszenierungen vom Sir Tom Stoppard (1937), mit denen die tschechischen Theater am ersten Septemberwochenende die neue Theatersaison eröffneten, war neben der tschechischen Erstaufführung von Melden Sie einen freien Mann an im Mährisch-slowakischen Theater in Uherské Hradiště auch die Rehabilitierung von Arcadia, des bisher erfolgsreichsten Spiels des Gebürtigen aus Zlín, im Stadttheater Brno.
Bratislaver Roman Polák studierte Arcadia mit einem von unseren besten Ensembles ein. Im Jahre 1999 gewann die Inszenierung von Stoppards Arcadia wie die dramaturgische Veranlassung den Alfred Radok Preis und den Titel „Spiel des Jahres“.
Die Realisierung vom Regisseur Robert Russel im Prager Theater Komödie blieb doch in den Interpretationsmöglichkeiten des umfangreichen Parts zurück, wie diese vom Autor des Spiels sowie von der Übersetzung ins Tschechische von Jaroslav Kořán angeboten sind. Es blieb dann nur ein gutes Gefühl, dass die tschechische Erstaufführung noch vor der in Pariser Comédie Franćaise stattfand, in der Arcadia die historisch erste Realisierung eines lebenden Dramatikers aus dem unfrankophonen Gebiet war. Roman Polák legte Arcadia dorthin zurück, wo sie von Stoppard gesetzt wurde. Nämlich in zwei Zeitebenen – in unsere Gegenwart und auf Ende des ersten Jahrzehntes des 19. Jahrhunderts. Die Meistermystifikationen sind in seinem Text mit der Ironie gegenüber dem Schriftsteller- und Wissenschaftlerstand sowie gegenüber dem pädagogischen und aristokratischen Stand verbunden. Er konfrontiert nicht nur denselben Maß der animalischen Welt in der Welt der Gelehrten und Plebejern sondern vor allem Einfachheit, Ungewissheiten und Irrtümer der quasifachlichen Aufgaben, die die natürlichen und sinnvollen Lösungen von Problemen unterdrücken. Von denen persönlichen, historischen, mathematischen ...
Sarkasmen gegenüber menschlicher Eitelkeit
In der historischen Fiktion eines kleines Zeitabschnittes aus dem mit einem Skandal verbundenen Aufenthaltes des Dichters Lord Byron in einer idylarkadischen Landschaft, mit den futurologischen philosophischen Betrachtungen, die aber von den Zeitleidenschaften der Napoleonischen Kriege und persönlichen Duellen eines erbärmlichen Reimschmieds Chater (Jan Mazák) mit intellektuell- sowie liebesexplosivem Hodg (Viktor Skála) voll sind, quellen aus der Arcadia große Stoppards Sarkasmen über Moralität, intellektuelle Reife und menschliche Eitelkeit.
Und in der Forschungsbemühung unserer Zeitgenossen, die wie Nightingale (Martin Havelka) nach jedem Schritt der Riesen der Vergangenheit forschen oder wie Jarvis (Alena Antalová) aus der Bestsellerberühmkeit der literarisch zusammengeflickten Geschichten leben, können sich vielleicht auch unsere Akademiker gut erkennen, denen es die ganze Jahrzehnte lang gelang, aus den Zitierungen der Zitierungen zu leben und die sich heute, wie die schnellgegärten Politiker der Bierbruderschaften, nur um das Anschmiegen an die herrschenden Menschen und dann nur um ihr eigenes mediales Bild Sorgen machen. Mehr als frührer.
Wie auf einem Stadtring
In Arcadia, in jenem mythischen Gebiet der Glückseligkeit und Harmonie, läuft es nach Stoppard nicht besser als auf einem Stadtring. In der genial angeordneten, ironischen Fantasie des Autors dringt sich alles durch, zuerst mit Verzögerungen dann buchstäblich, ohne dass die in eigene Epochen und Irrtümer geschlossenen Menschen imstande sind, sich wirklich zu treffen geschweige sich wahrzunehmen. Zum Erfolg der anspruchsvollen Inszenierung, eines der vielsagendesten Werken der gegenwärtigen Weltdramatik, trägen weiter Evelína Jirková und Veronika Poláčková (Thomassina), Irena Konvalinová (Lady Croom), Pavla Ptáčková (Chloe), Petr Štěpán (Valentin), Zdeněk Junák (Noakes) und weitere bei. Vielleicht hier führt der Weg zum umfangsreichsten, bei uns bisher übergegangenen neunstündigen dramatischen Part von Stoppard Die Küste von Utopie aus dem Jahr 2002.
Brno “Dreams” with Four Eyes
Eva Rolečková 30. November 1991 zdroj Lidová demokracie
A Set Mirror
Jaromíra Trunečková 29. November 1991 zdroj Haló noviny
Shakespeare as a Pretence
Jaromír Malý 1. Dezember -1
Dreams Brought from Brno
Miroslav Mokoš 1. Dezember -1 zdroj Svobodné slovo
A Beautifully Coloured Accord
jjv 1. Dezember -1 zdroj Květy
The Dreams Arousing Admiration
I. P. 1. Dezember -1 zdroj Gramorevue
Czech Musical at Last
va 1. Dezember -1
There Was a Surprise
Jiří Kratochvíl 1. Dezember -1 zdroj Mladá fronta
Dreams under the Fountain
Jan J. Vaněk 1. Dezember -1 zdroj Signál
Superb Goblins at the Křižík’s Fountain
(cg) 1. Dezember -1 zdroj Rudé právo
Dreams at the Fountain
Jaroslava Suchomelová 1. Dezember -1 zdroj Svobodné slovo
Tradition of Midsummer Nights
Anna Vejvodová 1. Dezember -1 zdroj Telegraf
Jealousy Surviving for Ages
Libuše Zbořilová 1. Dezember -1 zdroj Rovnost
Černín’s Amadeus Became a Peak of the Season
Simona Polcarová 1. Dezember -1 zdroj Brněnský den
Die enthüllten Geheimnisse Arkadiens
Jaroslav Parma 1. Dezember -1
Seine sechzigste Saison eröffnete das Stadttheater Brünn mit der Premiere (am 4. und 5.9.) des Schauspiels „Arkadien” des aus Zlín gebürtigen englischen Autors Tom Stoppard. Der Autor liefert dem Publikum eine sehr interessante Handlung, in der rund zweihundert Jahre zurückliegende Ereignisse und Augenblicke der Gegenwart einander durchdringen. Man könnte sagen, daß er eine eigenartige Kriminalgeschichte geschaffen hat, in der Personen von heute versuchen, anhand gefundener Indizien das Geschehen vor vielen Jahren aufzudecken. Die Helden des Dramas hat er in das Stück nicht nur als „Detektive” bzw. Akteure, die am Beginn der Ereignisse stehen, eingebunden, sondern er läßt sie auch überlegen und Erwägungen anstellen über Dinge, die geschehen können, über Angelegenheiten, die auch mit dem Universum verbunden sind.
Das in einem Adelssitz spielende Stück „Arkadien” hatte seine Premiere am 13.4.1993 im Royal National Theatre und errang sofort den begehrten Olivier Award in den Kategorien „beste Inszenierung” und „bestes Theaterstück” für das Jahr 1993. Tom Stoppard ist u. a. Mitautor des Drehbuchs für den erfolgreichen Film „Der verliebte Shakespeare”.
Der Brünner Aufführung, deren Dramaturgen Ladislav Stýblo und Jiří Záviš sind, hat sich Gastregisseur Roman Polák (in Brünn bereits durch den „Peer Gynt” auf derselben Bühne oder durch seine Tätigkeit beim Mahen-Theater bekannt) angenommen, der (gleichfalls als Gäste) die Künstler Jaroslav Milfajt (Bühnenbild) und Sylva Zimula Hanáková (Kostüme) und den Choreographen Vladimír Kloubek engagierte. Die musikalische Bearbeitung ist das Werk von Ondřej Šarek.
„Arkadien” gibt den Akteuren wirklich gute Gelegenheiten, ihr Können unter Beweis zu stellen, und alle haben (bei der Vorpremiere am 3.9.) die Prüfung mit Bravour bestanden, sei es nun Veronika Poláčková (wechselt ab mit Evelína Jirková) oder Viktor Skála, Irena Konvalinová, Alena Antalová, Pavla Ptáčková, Martin Havelka, Petr Štěpán oder auch Josef Jurásek, Zdeněk Junák, Igor Ondříček. Auch die jungen Gastschauspieler Pavel Hýža und Lukáš Kantor (wechselt ab mit M. Beran) gingen nicht unter.
Der Auftakt einer wichtigen Saison, die im Zeichen der Eröffnung der Modernen Musikszene Anfang Oktober steht, ist gelungen. „Arkadien” unterhält, aber regt auch an zum Nachdenken darüber, ob wir nicht bisweilen zu viel forschen in Dingen, die ganz einfach waren, ob wir in ihnen nicht etwas suchen, was nicht geschehen ist.