DIE GAUNEROPER

DIE GAUNEROPER

  • Genre Schauspiel
  • Bühne Schauspielbühne
  • Premiere14. September 2019
  • Vorstellungsdauer2:40 hod.
  • Anzahl der Wiederaufführungen40
  • Derniére17. November 2022

Komödie

Die Gauneroper gilt zu Recht als Havels ansprechendstes Bühnenstück. Ihre Vorlage ist das bereits seit dem 18. Jahrhundert beliebte gleichnamige Schauspiel von John Gay, auf welchem auch die weltbekannte Adaption von Bert Brecht und Kurt Weill basiert. In dem Stück kämpfen Macheath und Peachum, die Anführer zweier konkurrierender Gangsterbanden, gegeneinander und mit dem korrupten Polizeichef Lockit um ihre Macht über die Londoner Unterwelt.

Die Einzigartigkeit von Havels Adaption liegt in seinem konsequent unsentimentalen Blick auf die mafiösen Praktiken der Herrscher der Londoner Unterwelt (wie auch der Herrscher der Welt). Das Prinzip der Prinzipienlosigkeit und der Lüge wird hier ad absurdum geführt: jeder belügt jeden, und jeder verrät jeden. Niemand ist, wer er zu sein scheint. Eine Steigerung erfährt das Thema noch durch die Sprache, die in einem komischen Kontrast zu den Figuren steht: die Gauner, Banditen und Prostituierten pflegen eine überaus kultivierte Ausdrucksweise, parlieren wie perfekte Gentlemen und gleichzeitig wie Experten für Psychologie, Soziologie, Ethik usw.; mit unerbittlicher Logik häufen sie Argumente für ihre Positionen wie auch für etwaige Änderungen dieser Positionen auf, geschickt manipulierend erklären sie ihre schändlichen Taten und ihr Versagen, womit sie beim Publikum Lachsalven auslösen, es aber auch bei der Erkenntnis schaudern lassen, wie perfekt der Betrug an der Welt funktioniert.

Die Wahrheit siegt hier nicht, denn jeder hat seine eigene, die auch nur dann gilt, wenn es sich auch auszahlt. Jeder Idealismus ist lächerlich und unvermeidlich dem Tode geweiht in einer Welt, wo unter allen Umständen der pragmatische Zynismus siegt. Die Inszenierung schuf für unsere Bühne die Regisseurin Hana Burešová.

Autor

  • Václav Havel

Regieassistent

Kostüme

  • Zuzana Štefunková-Rusínová

Bühne

  • Tomáš Rusín

Musik

  • Petr Hromádka

Světelný design

  • David Kachlíř

Umělecký záznam a střih představení

  • Dalibor Černák

dramaturgische Zusammenarbeit

  • Jiří Záviš

Poster

  • Tino Kratochvil, Petr Hloušek

Macheath, šéf zlodějské organizace

Peachum, šéf jiné zlodějské organizace

Peachumová, jeho žena

Polly, jejich dcera; Vicky

Lockit, šéf policie

Lockitová, jeho žena

Lucy, jejich dcera

Filch, nezávislý kapsář

Diana, majitelka "dámského salónu"

Ingrid - její zaměstnankyně

Jim; John

Jack; Harold

Opilec

Šenkýř; Hlas pána

Seržant

Biřici

WIE MACHT MAN DAS BESTE AUS DER GAUNEROPER?

Josef Mlejnek 12. November 2019 zdroj Divadelní noviny

(…) Wie auch bei ihren bisherigen, meist überaus erfolgreichen Stücken auf dieser Bühne konnte die Prager Regisseurin auf ein starkes Ensemble zählen. Jan Mazák verkörpert Peachum als tüchtigen Schwindler und zynischenr Manipulator, aber gleichzeitig auch als treusorgenden Familienvater, und wenn er in gerechtem Zorn explodiert, dann wirkt das kein bisschen übertrieben. (…) Diana (Alena Antalová), die Inhaberin des Damensalons, pflegt die richtigen Marketingsprüche vom unaufhaltbaren Fortschritt und der Notwendigkeit, mit der Zeit zu gehen, aber schon bald wird klar, dass sich hinter allem proklamativen Glanz das alte Elend verbirgt.

Die Stärke der Brünner Aufführung liegt vor allem in den männlichen Protagonisten. Neben Peachum ist das der von Petr Štěpán gespielte Macheath: in seinen Worten und Bewegungen verbinden sich Gerissenheit und Gefühlsseligkeit, gewürzt mit Anzeichen unauffälliger Ironie (von der gibt es gerade so viel wie nötig). Mit Bravour meistert er die kleinen schauspielerischen Divertimenti, sei es das Idealbild des kleinbürgerlichen Glücks, wenn er in der berühmten Szene mit dem Schinken mit Ei und Kakao der Tochter des Londoner Polizeichefs Lucy (Eliška Skálová) einen Bären aufbindet, oder bei der Lektion in Schürzenjägerei, die er seinen Kumpanen in der Kneipe gibt. In der „Eheszene“ mit Polly und Lucy schafft es Štěpáns Macheath,  „dialektisch“ nicht nur die beiden jungen Mädchen, sondern wohl auch sich selbst davon zu überzeugen, dass es sich in seinem Fall nicht um hundsgemeine Bigamie, sondern um eine höhere, anspruchsvollere und fortschrittlichere Form der Monogamie handelt. (…)

 

DIE GAUNEROPER – VERDÄCHTIG UND UNVERDÄCHTIG

Vladimír Just 1. November 2019 zdroj Literární noviny

(…) Die Autoren der Inszenierung (Hana Burešová, Štěpán Otčenášek) wie auch die übrigen Macher des Stückes (Live-Musik von Petr Hromádka, Bühnenbild Tomáš Rusín) waren im Hinblick auf Havel durch keine Prager Pietät eingeschränkt. (…) Sie hatten den Mut, zu Havels Stück einen zweiten Spielplan zu erstellen, der die Fallstricke der Partitur in einen Vorzug verwandelte. Hier wird Havel als konsequentes Theater im Theater gespielt. (…) Gespielt wird aber auch über Havel als eine Ikone, die vor störenden Elementen des „verdächtigen“ Underground geschützt werden muss, es wird ein Blick in den versteckten Bereich hinter den Kulissen geworfen, und man sieht Ordnungswächter mit Funkgeräten, die Eindringlinge abwehren, welchen den glatten Lauf des Mechanismus stören könnten (hier handelt es sich eigentlich um eine einfallsreiche Weiterentwicklung der anderswo eher in der Luft hängenden Figur des Trunkenbolds: in dieser Inszenierung ist er dank der authentischen Figur Jaroslav Záděras, des Frontmanns der Band Děti kapitána Morgana, ein rahmengebendes Motiv des Abends). Hierher gehören auch die mimisch-gesanglichen Miniaturszenen auf der Vorbühne, wo die Akteure nach Ableistung ihrer disziplinierten Auftritte im Innern des „Guckkastens“ vor der prächtigen Nachbildung des Hynais’schen Vorhangs aus dem Prager Nationaltheater ihren verborgenen Neigungen zum Entertainertum freien Lauf lassen und sich der Lächerlichkeit preisgeben, bis sie von den allgegenwärtigen Ordnungswächtern vertrieben werden. (…) Nach dem Antihelden Macheath in Krobs Inszenierung von 1995 war ich eigentlich überzeugt, dass zu meinen Lebzeiten niemand mehr Ladislav Smoljak in den Schatten stellen würde: der Brünner Petr Štěpán, obgleich vollkommen anders und immer noch er selbst, hat es meiner Meinung nach geschafft, mit dieser unvergesslichen Kreation mitzuhalten.

 

DIE KREUZZÜGE DES J. P. KŘÍŽ

Jiří P. Kříž 30. September 2019 zdroj www.divadelni-noviny.cz

Es gibt in unserem Land nicht allzu viele Theater, die nicht gelegentlich einmal die Gauneroper von Václav Havel spielen würden. (…) Im Stadttheater Brno hatte Mitte September eine Inszenierung von Hana Burešová ihre Premiere. (…) Es ist offensichtlich, dass Burešová einen engen Bezug zu Václav Havel hat und dass ihre Gauneroper wieder einmal zu ihren erfolgreichen mährischen Werken gezählt werden darf. (…) Die Regisseurin stellte Havels Figuren auf eine Bühne, die mit nichts weniger als dem vom Prager Nationaltheater geborgten Hynais’schen Vorhang geschmückt war, während die Kapelle von Dan Kalousek im fast bis auf die Höhe des Portals angehoben Orchestergraben nach den Noten von Petr Hromádka drauflosmusizierte. (…) Es muss eine Freude sein, mit einem Ensemble wie jenem des Brünner Theaters in der Lidická ulice zusammenzuarbeiten. (…) Die Bühne beherrscht Jan Mazák als schmuddliger und zu allem fähiger Gauner Peachum, der ein wenig von seiner Ehefrau abhängig ist, die von Markéta Sedláčková als mächtiges Hausmütterchen gespielt wird. In ihrer zweiten Rolle verkörpert Sedláčková außerdem Mrs. Lockit, die Gattin des Polizeichefs. In dieser Ehe hat sich jedoch, wenn er nicht gerade im Dienst ist, Bill Lockit um den Haushalt zu kümmern. Den Schürzenjäger Macheath spielt Petr Štěpán als gekünstelt lyrischen Heiratsschwindler und darüber hinaus noch völlig skrupellosen Mafioso, Poseur und Machtpragmatiker. (…) Der von Viktor Skála verkörperte Lockit zieht die Fäden dagegen nach seiner eigenen Strategie, seinen Plänen und entsprechend seiner gesellschaftlichen Position. (…) Der Sinn ihrer Berufstätigkeit verliert sich – ganz im Sinne Havels – im Grunde am Ende. Einfach gesagt, gibt es einfach niemanden mehr, den sie noch betrügen, denunzieren, verraten, entlarven, schnappen, einsperren oder gar hinrichten könnten. Mit einer Ausnahme: für alle anderen hat der unabhängige Taschendieb Harry Filch (Aleš Slanina) zu büßen – ein ehrlicher Vertreter seines Gewerbes mit festen beruflichen Grundsätzen, der daher allen anderen unbequem ist. (…)

 

 

HAVEL IST AUCH HEUTE EIN TREFFER INS SCHWARZE

Luboš Mareček 26. September 2019 zdroj Lidové noviny

(…) Regisseurin Hana Burešová ist eine unterhaltsame Inszenierung mit vielsagenden Überlappungen in die heutige Zeit gelungen. (…) Ergebnis ist eine harter, zynischer Blick auf die Mechanismen der Macht, aber auch die Beziehungsgefüge in jeder beliebigen totalitären oder korrumpierten Gesellschaft. (…) Der Zuschauer spürt genau, dass alle diese hochstaplerischen Engelchen und ihre hochgestochene Sprache eigentlich nur als rhetorische Ablenkung von Schmutz und Betrügereien dienen, so wie wir dies auch aus der Realität unserer Tage kennen. Nur dass sich all die Betrüger um uns sich heute wohl nicht einmal mehr sonderlich bemühen, sich hinter vergeistigter Sprache und edlen Gedanken zu verstecken. (…) Die Regisseurin lässt Havels Stück weder moralinsauer daherkommen, noch inszeniert sie es als moralistische Satire. Ganz im Gegenteil zeigt sie unter Nutzung der naiven Geradlinigkeit der Schauspieler, der an ein Panoptikum erinnernden Szene und allzu augenfälliger Klischees dem Publikum das lächerliche Bild, wie es eben funktioniert, wenn sich Unterwelt und Gesetzeshüter in so aufgesetzt hehrer Gesinnung verbrüdern. Einen ungezwungen bissigen und wunderbar dynamischen Eindruck hinterlassen alle Szenen des zweieinhalbstündigen Abends. Die ausgezeichnete, mitreißende Musik zu der Inszenierung ist das Werk von Petr Hromádka. (…) Die schlichte Szene von Tomáš Rusín hat die Form eines riesigen grauen Kubus. (…) Burešová inszeniert alles als episches und konsequent bekennendes Theater. (…) Einzigartig ist die Inszenierung jedoch vor allem, was den Einsatz der Schauspieler angeht. Die Aufführung kann mit wirklich meisterhaften Leistungen im gewählten Genre aufwarten. (…) Einer der geschicktesten Schachzüge der Inszenierung ist nämlich gerade, dass Petr Štěpán für die Hauptrolle des Gangsterchefs und Schürzenjägers Macheath gewählt wurde. Er zeigt hier eine der überzeugensten schauspielerischen Leistungen der letzten Zeit. Štěpán macht perfekten Gebrauch von seinem Sprachgefühl, lässt eine Pointe auf die andere folgen und spielt bewusst mit seiner Intonation. Burešovás Inszenierung ist ein wahres Defilee herausragender Bühnenleistungen, so etwa auch im Falle von Macheaths Konkurrenten, dem von Jan Mazák gespielten mit allen Wassern gewaschenen, gegenüber der Polizei aber nur allzu dienstfertigen und zu Hause vollends unter dem Pantoffel stehenden Peachum. Ausgezeichnet sind Markéta Sedláčková in der Rolle seiner pragmatisch wie auch sprachlich eher zum Groben neigenden Gattin oder Radka Coufalová als die schicksalhafte Dirne Jenny. Lobend hervorzuheben sind auch die beiden Freundinnen Macheaths, Polly und Lucy, die von Katarína Mikulová und Eliška Skálová gespielt werden. (…) Es hat seinen Sinn, immer mal wieder zu diesem Text Václav Havels zurückzukehren, aus dem Akteure wie Zuschauer auch heute noch ihre Lehren ziehen können.

 

 

SCHON WIEDER HAVEL?

Peter Stoličný 20. September 2019 zdroj www.eurozpravy.cz

Als ersten Schauspieltitel in seiner siebzigsten Saison brachte das Stadttheater Václav Havels Gauneroper auf die Bühne. (…) Für das Stück zeichneten der Dramaturg Štěpán Otčenášek und die Regisseurin Hana Burešová verantwortlich. Die von Tomáš Rusín gestaltete Guckkastenbühne bot die hervorragende Atmosphäre eines geschlossenen Raums, der bisweilen unerwartet betreten oder verlassen wurde. Die zivilen Kostüme von Zuzana Štefunková-Rusínová passten präzise zu den Figuren der Inszenierung. Die Live-Musik des Komponisten Petr Hromádka in der Einstudierung von Dan Kalousek unterstrich in ihrer geradezu traurigen Groteskheit ausgezeichnet die Atmosphäre dieser eigenwilligen Gaunergeschichte. Unter den Schauspielern brillierten zwei Figuren: Jan Mazák als gutmütiger Familienvater und gerissener Bandenchef Peachum und auf der anderen Seite der gutaussehende Verführer und Konstrukteur bizarrer Überzeugungsmethoden Petr Štěpán in der Rolle des zweiten Gangsters Macheath. (…) Die Gefühlsseligkeit dieser beiden war ein unendlicher Quell herrlichster Komik. Dazu noch Markéta Sedláčková als überzeugende Gangstergattin. Ebenso ausgezeichnet war Eliška Skálová in der Rolle der Lucy. Nicht zu vergessen die Bordellbesitzerin Diana, welche sehr nett und charmant von Alena Antalová gespielt wurde. Viktor Skála als Polizeichef ist ein ebensolcher Gauner wie die Verbrecher, die er jagt, und es war zu sehen, mit welchem Genuss er es sich in dieser Rolle eingerichtet hat. (…) Havel spricht zum Publikum in einer interessanten Sprache. Viele betrachten seine Stücke als Beispiele für absurdes Theater. Ich bin da anderer Meinung. Absurd ist eher die Zeit, in der die Stücke spielen. Und die größte Absurdität ist, dass seine Stücke im damals herrschenden dümmlichen Totalitarismus genauso aktuell waren, wie sie es auch heute noch sind. (…)

 

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