Warum sollten wir uns nicht auf einen übertriebenen Smetana freuen?
Josef Meszáros 12. Juni 2024 zdroj www.scena.cz
(…) Im Jahr 2024 nahmen sich Klára Latzková und Igor Ondříček des Textes an, die uns in ihrer Adaption und Dramatisierung einen ganz neuen Blick auf dieses Werk vermitteln, bei dem mit gehöriger Übertreibung gearbeitet wird, wie es bei den Freilichtaufführungen im Bischofshof zum guten Ton gehört. Das Publikum darf sich also auf allerhand komische Situationen gefasst machen, vor allem wenn wenige Stunden vor der Premiere noch immer kein Darsteller für die Hauptfigur des Hans gefunden ist.
So ist denn ein kleines Stück über den reichen Ratsherrn Vostrovský entstanden, der auf seinem Gut die Tätigkeit einer Laienbühne unterstützt, wo man sich gerade auf die Premiere der Verkauften Braut vorbereitet. (…) Regisseur Igor Ondříček führt das Ensemble von Anfang an zu ausladenden Gesten. Die Sprache der Inszenierung ist gehörig alttschechisch, gewürzt mit allerlei grammatischen Formen und mit starker Betonung des Wortes Tochter. Einen großen Beitrag zum Gelingen des Schelmenstücks hat der Dirigent Matěj Voda geleistet, der die notorisch bekannten Motive wieder einmal in sehr witziger Weise mit großen Girlanden verziert, sei es nun im Präludium, in der Arie des Kezal, im Duett von Hans und Marie oder natürlich im Titel Warum sollten wir uns nicht freuen.
Bühnenbildner Jaroslav Milfajt bietet einfache szenische Elemente – Paravents und dazu Tische und Stühle, das alles ergänzt durch herrliche Pelargonien, freilich künstliche. Der wertvollste Teil des Bühnenbilds sind die Jugendstilarkaden und die Silhouette der Kathedrale St. Peter und Paul, dazu die Figurengruppe des Merkurbrunnens von Ignaz Bendl. Die größte Zierde der gesamten Inszenierung sind jedoch die Kostüme von Roman Šolc, insbesondere das Zwiebelmuster nicht nur auf Röcken und Mänteln, sondern sogar auch auf den Strümpfen. Diese weiß-blaue Reinheit verleiht wirklich der ganzen Inszenierung etwas Erhabenes.
(…) Die Inszenierung Warum sollten wir uns nicht auf Smetana freuen hat ihre Premiere erfolgreich absolviert und auch die Launen des Wetters überstanden. Alle Protagonisten meisterten den Wolkenbruch, wobei ihnen sicher das begeisterte Publikum eine Stütze war. Diese Verkürzung einer komischen Oper, ergänzt um die Wirrungen um das Theater im Theater, ist die perfekte Wahl für eine sommerliche Freilichtvorstellung.
Die verkaufte Braut wieder einmal etwas anders
Jan Trojan 12. Juni 2024 zdroj www.brnozurnal.cz
Auf der Bühne, diesmal im Bischofshof unter der Kathedrale Sankt Peter und Paul, hören und sehen wir Smetanas zweite Oper, allerdings etwas gekürzt und dargeboten von den Solisten des Musicaltheaters. Aber es wäre nicht das Stadttheater Brno, wenn es nicht auf der genannte Bühne vor der herrlichen Kulisse des Merkurbrunnens und der bischöflichen Arkaden etwas ganz Neues zu erleben gäbe. Als Einleitung zu Smetanas Meisterwerk erlebt das Publikum einen gänzlich unerwarteten einaktigen Schwank, der zeigt, wie sich eine Laientruppe auf die Aufführung der Verkauften Braut vorbereitet. (…) Es kommt zu drolligen Verwicklungen und komischen Situationen, doch gibt es auch Spannung, wenn ein paar Stunden vor der Premiere noch kein Tenor gefunden ist, der die wichtige Rolle des Hans besetzen kann. Dazu kommen familiäre Probleme mit der verliebten Tochter des Ratsherrn…
(…) Mit meinen opernliebenden Freunden und Freundinnen bin ich mir nicht einig, ob diese Vorstellung dazu geeignet ist, Zuschauer für die tatsächliche Oper zu gewinnen, die sie bislang noch nicht entdeckt haben, oder ob sie diese Menschen nicht eher von der Oper abschreckt. Wie dem auch sei, die Musicaldarsteller haben sich wirklich alle Mühe gegeben, im Übrigen hatten einige von ihnen vor der Premiere der Presse anvertraut, dass die Oper überaus schwierig sei. Sie meistern diese Herausforderung jedoch sehr gut. Markanteste Akteurin von allen ist die ausgezeichnete Andrea Zelová, die sowohl Fräulein Ludmila, die Tochter des Ratsherrn Vostrovský, als auch die Marie spielt. Hinter ihr braucht sich auch Lucie Bergerová als Vostrovskýs Gemahlin Amalie wie auch als Darstellerin der beiden Mütter in der Oper – Kathinka Kruschina und Agnes Micha – nicht zu verstecken. Wunderschön spielt sie die Wut der Gutsherrin auf das störende Theater. Da platzt unerwartet Baron Jesenický hinein, sehr plastisch dargestellt durch den geborenen Komiker Aleš Slanina. „Endlich kann ich mal meinen Bariton einsetzen“, scherzte er vor der Premiere. Und der kam wirklich voll zum Einsatz, auch in der Rolle des Kezal. Bei beiden Figuren kam auch Slaninas Temperament und Charme zur Geltung, Kezal spielt er wie in der klassischen Oper. Robert Jícha verkörpert in dem Schwank die zentrale Figur des Ratsherrn Vostrovský, der auf seinen Schultern die ganze Verantwortung für das Theater trägt und dazu die Beschwerden seiner Frau über die sich ausbreitenden Schauspieler ertragen muss. Seine gesanglichen Fähigkeiten stellt er auch als bedächtiger Bauer Kruschina unter Beweis. Libor Matouš muss innerlich gewiss zufrieden sein mit seiner Rolle des Professors Jaroslav Ctibor. In dem Schwank verstellt er sich, um den Ratsherrn Vostrovský in die Irre zu führen und ihm gleichzeitig die Rolle des Hans zuzuschanzen. Die er dann ausgezeichnet und mit voller Stimme singt. Seine liebe Not mit dem Theater hat der Direktor Koubek, der sich anschließend in den Bauern Micha verwandelt – dargestellt von Marek Hurák, einem guten Schauspieler und Sänger. Kristián Pekar verleiht seinen Charme und seine Schauspielkunst dem Diener des Barons Jesenický und anschließend auch Wenzel, Evelína Studénková tritt in dem Schwank als die Schauspielerin auf, in der Oper als verführerische Esmeralda. Jan Brožek hat mehr Gelegenheiten als Springer in der Oper denn als Diener in dem Schwank.
Den Reiz des Schwanks macht die archaisierende Sprache aus der Entstehungszeit des ursprünglichen Textes aus, und der Regisseur legt die Betonung auf „kritische“ Momente, die die Spannung erhöhen. Die Qualität der Inszenierung wird noch gesteigert durch die Kostüme des erwähnten Roman Šolc in beiden Teilen des Stücks. In der Oper verwendete er Zwiebelmuster auf weißem und blauem Grund, was sehr effektvoll wirkt und dem Auge schmeichelt. Einfallsreich ist eher die klassische Opernchoreografie von Martin Pacek und Hana Kubinová. Es wird auf einer von Jaroslav Milfajt schlicht, aber doch ansprechend gestalteten Bühne gespielt, die mit der umgebenden Kulisse harmoniert. Lob verdient das Liveorchester, welches unter der Leitung des ausgezeichneten Musikers Matěj Voda in den Arkaden oberhalb der Bühne spielt.