Im Prolog erzählen die Lieder von Kurt Weill von der Liebe, der Lust, von echten und falschen Gefühlen, von Verlorenheit und Verlogenheit, von Zärtlichkeit und Sehnsucht. Gibt es die wahre Liebe? Oder gibt es nur die Ware Liebe?
Die letzte Zusammenarbeit des Erfolgsduos Kurt Weill und Bertolt Brecht, Die sieben Todsünden, schildert die Odyssee von Anna, die von ihrer Familie in die großen Städte geschickt wird, um für den Bau eines Häuschens am Mississippi Geld zu verdienen. Sieben Stationen muss Anna durchwandern und ihre Haut zu Markte tragen. Die klassischen Todsünden Faulheit, Stolz, Zorn, Völlerei, Unzucht, Habsucht und Neid sind dabei die Versuchungen kurzfristiger Bedürfnisse, deren Befriedigung aufgeschoben werden muss zum Zwecke des Profits. Brecht und Weill bringen die Moral des modernen Marktes auf den Punkt: Sünden werden zu Tugenden, wo nichts mehr einen Wert hat, was keinen materiellen Wert hat.
Weills unverwechselbarer Songstil versüßt die bittere Moral. Jeder Nummer liegt die Adaption einer populären Musikform wie z.B. Walzer, Foxtrott, Shimmy, Dixieland oder Tarantella zugrunde. Psychologisch genau charakterisiert seine Musik die handelnden Figuren. Ein Männerquartett stellt die Familie dar, die Rolle der Mutter wird dabei von einem Bass gesungen. Bibelversähnliche Ermahnungen wie „Müßiggang ist aller Laster Anfang“ und scheinheilige Kommentare wie „Der Herr erleuchte unsere Kinder …“ unterstreichen die Verlogenheit der Sippe. Zum Schluss hat Anna zwar das Ziel, das kleine Haus in Lousiana, erreicht, doch ob damit auch das Glück erkauft wurde?