Die Tragikomödie über den Konflikt von Traum und Wirklichkeit
Während des Zweiten Weltkriegs begann Eugene O’Neill, berühmtester amerikanischer Dramatiker seiner Zeit und finanziell abgesichert durch den ihm verliehenen Nobelpreis, neben dem stark autobiografischen Werk Eines langen Tages Reise in die Nacht auch die Arbeit an einem groß angelegten Dramenzyklus. Dieser Zyklus mit dem Arbeitstitel Eine Geschichte von Eignern, die sich selbst enteigneten sollte die amerikanische Geschichte von der Unabhängigkeitserklärung bis zur Weltwirtschaftskrise der dreißiger Jahre nachzeichnen. Von diesem großen Projekt vollendete O’Neill nur ein einziges Stück, das dafür umso mitreißender war. Die bitterböse Komödie mit dem Titel Fast ein Poet war seinem Lebensthema gewidmet – der zweideutigen Rolle von Lüge und Illusion im menschlichen Leben. Aufgeführt wurde das Stück erst mehrere Jahre nach seinem Tod, doch wird es heute zu den Höhepunkten seines umfangreichen Werks gerechnet.
Hauptfigur dieses suggestiven Dramas, das sich im Jahr 1828 unweit von Boston abspielt, ist der irische Einwanderer Cornelius Melody, stolzer und temperamentvoller Inhaber eines heruntergekommen Gasthauses. Cornelius, kurz Con genannt, ist aus Irland nach Amerika geflohen, nachdem er durch einen Skandal sein gesellschaftliches Ansehen verloren hatte. Auch in Amerika schwimmt er in Schulden, hält jedoch fest an seinem erhabenen Status eines Gutsbesitzers und Kriegshelden. Seine Frau und seine Tochter rügt er unablässig für jede Andeutung ihrer Herkunft aus bescheidenen irischen Verhältnissen. Die Geschichte gewinnt an Tempo, als sich seine Tochter Sara in einen reichen amerikanischen Gast ihres Saloons verliebt. Cornelius’ Besessenheit, sich um jeden Preis die Illusion seines hohen Standes zu erhalten, führt über eine Vielzahl an originellen Wendungen bis hin zu einem explosiven tragikomischen Ende.
Das gleichermaßen poetische, witzige und tragische Stück wird erstmals seit 1972 auf einer tschechischen Bühne zu erleben sein. Mit dieser Inszenierung kehrt ans Stadttheater Brno nach einer kürzeren Pause auch die herausragende Regisseurin Hana Burešová zurück, die sich seit längerem auf die Aufführung halbvergessener Kleinode der weltweiten Theatergeschichte spezialisiert hat.