Die unsterbliche Tragödie von der Suche nach Antworten
Seine berühmteste Tragödie schrieb William Shakespeare irgendwann in den Jahren 1601–1602, und seit jener Zeit fordert sie die Inszenatoren auf der ganzen Welt immer wieder dazu heraus, sie erneut aufzugreifen und zu versuchen, wenigstens auf manche der vielen Fragen, die das Werk in sich birgt, Antworten zu finden. Kann man im Namen höherer Ziele die grundlegenden Regeln der Moral verletzen? Und kann ein Einzelner die Gerechtigkeit in seine Hände nehmen und seine Verbrechen vor seinem eigenen Gewissen rechtfertigen? Ist es möglich, mitten im moralischen Sumpf eine reine Weste zu bewahren? Und welche Rolle spielt bei der unsicheren und zweifelhaften menschlichen Existenz die Liebe? Mit diesen Fragen wurde Hamlet zum bekanntesten, obgleich fiktiven Helden Dänemarks und hat seinen unauslöschlichen Platz in der Geschichte der Literatur, des Theaters und des Nachdenkens über die Welt.
Der berühmte Dramatiker der elisabethanischen Epoche beschreibt in Hamlet die innere Welt seiner Figuren ebenso sorgfältig wie die äußeren Geschehnisse um sie herum. Die Handlung können wir somit als Tragödie einer Familie betrachten, die sich jedoch bald zu einem Krimi mit politischem Kontext entwickelt. Seine Verrücktheit vortäuschend, sucht Hamlet nach der Wahrheit über den Tod seines Vaters und erfährt dabei vieles über die Gesellschaft, aus der er stammt, vor allem aber über sich selbst. Das Verbrechen jedoch ist wiedergutzumachen, selbst wenn der Hauptheld bei diesem Versuch im Schmutz untergehen sollte.
Es war nur eine Frage der Zeit, wann sich Regisseur Stanislav Moša nach seinen erfolgreichen Inszenierungen anderer Dramen Shakespeares (Der Kaufmann von Venedig, König Lear, Antonius und Cleopatra) dazu entschließen würde, auch das meistgespielte Stück des großen Briten auf die Bühne zu bringen, und dies wiederum in der ungemein poetischen, jedoch verständlichen und bühnenwirksamen Übersetzung von Jiří Josek. Unter dem Untertitel Wenn sich die Seele mit dem Körper streitet hat er sich diesmal für ein besonderes Interpretationsmittel entschieden: die bekanntermaßen widerspruchsvolle Figur des Hamlet, den wohl kompliziertesten Charakter der Theatergeschichte, hat er gleich zwei Akteuren anvertraut, die auf der Bühne nebeneinander in einer Art Zweieinigkeit koexistieren werden – da ist zum einen der junge und ungemein talentierte Martin Mihál als neue Verstärkung unseres Ensembles, zum anderen Michal Isteník als langjährige Stütze unserer Bühne. Auf diese Weise wird Hamlets Zweispalt sicher zu einem ganz besonderen Erlebnis für das Publikum.